Peters, Andreas: Hinterm Kreuz die Lichtung

Autor: 

Andreas Peters (Hrsg.):

„Hinterm Kreuz die Lichtung"

Schatten über Bad Reichenhall.

Die Eishallen-Tragödie.

Geest-Verlag, Vechta-Langförden, 2007

ISBN 978-3-86685-060-6

186 S., 12 Farbseiten

 

Am 2. Januar 2006 kam die Katastrophe über Bad Reichenhall. Zuerst ging in der Reiter Alpe eine Lawine ab und begrub drei Skifahrer unter sich. Wenig später begrub das zusammenbrechende Dach der Eishalle die dort weilenden Schlittschuhläufer unter sich. 15 Menschen sterben unter den Trümmern der Eishalle, 34 werden zum Teil schwer verletzt.

Die Welt ist danach für viele Menschen eine andere. Wie konnte eine solche Katastrophe passieren, wie konnte Gott zulassen, dass es vor allem Kinder waren, die aus der Mitte der Bad Reichenhaller geraubt wurden? Wo überhaupt gibt es noch einen Sinn in diesem Leben?

Andreas Peters gibt in dem vorliegenden Buch keine journalistische Spurensuche heraus. In Bildern und Gedichten, Zeitungsausschnitten und Predigten setzt er sich vor allem mit der Frage des Begreifens auseinander. Neben eigenen Texten sind es Texte von Sabine Zehringer, Stefan Schimmel, Brigitte Malik, die das Geschehen beleuchten, helfen zu verstehen, zu begreifen, einzuordnen.

 

Fragen in Bad Reichenhall

 

Mama darf ich noch lachen

Du sollst lachen

Dein Lachen ist so schön

 

Kind ich muss nur weinen

Du darfst weinen

Unsre Tränen vermischen sich

 

Ein Buch, das an Intensität sicherlich nicht zu überbieten ist. Es gibt Hilfestellung, leitet Hinterbliebene und Betroffene auf den Weg einer Auseinandersetzung mit dem Geschehenen, um zu begreifen, was nicht begreifbar scheint.

Die Bilder des Buches illustrieren die Texte in einer erheblichen Tiefe.

Ein Buch, für das es Zeit wurde, jetzt, da endlich auch die Frage nach den Verantwortlichen gestellt wird.

 

Buchbesprechung:

 

Andreas Peters: „Hinterm Kreuz die Lichtung“

 

Ein Buch in Memoriam der Toten und Über-Lebenden in Bad-Reichenhall

(ISBN 978-3-86685-060-3; 186 Seiten; Preis 12,50 Euro)

von

Nina Paulsen, Journalistin und Redakteurin der Zeitschrift „Volk auf dem Weg“.

 

Der Himmel über Bad Reichenhall

Gab nach knackte stöhnte ein Riss

Entlang des Horizonts eine Wundnaht

Neigte die Schulter sank in die Knie

Schlug die Hände überm Kopf zusammen

Schüttelte das Gestirn samt dem Schweif

Brach das Herz das Firmament man lugte

Und starrte sah keinen Herrgott ahnte aber

Er ist irgendwo da ganz nah da unten in

Staub und Schneeasche unter den Himmels

Säulen und mit den Davongekommenen

(Andreas Peters: Der Himmel über Bad Reichenhall)

 

Über ein Jahr ist sie her, die furchtbare Eishallen-Tragödie von Bad Reichenhall am 2. Januar 2006. Sie traf vor allem die Kinder, löschte ganze Familien aus. Zwölf Kinder und Jugendliche von den insgesamt 15 Opfern kamen unter den Trümmern ums Leben. Unbeschreibliches Elend, tiefe Trauer, Betroffenheit und Fassungslosigkeit herrschten nicht nur in den Familien der Opfer, ihrer Freunde und Bekannten. Eine ganze Stadt lebte zwischen Verzweiflung und Hoffnung. Tagelang kamen fast im Minutentakt Einträge in das Kondolenzbuch im Internet, Tausende Menschen aus ganz Deutschland und dem Ausland drückten ihre Trauer, aber auch Wut über die Geschehnisse und die Versäumnisse der Verantwortlichen aus.

„Der allmächtige Gott schenke ihnen in der Stunde des Schmerzens und der Trauer Kraft und Trost aus dem Glauben“, versicherte Papst Benedikt  XVI. den Angehörigen der Opfer seine betende Anteilnahme. Den Beistand der Kirche suchten in diesen Tagen viele; unter anderen stand den Angehörigen, Nachbarn und Freunden von Opfern der Seelsorger und ehemaliger Pastor der Evangelischen Freikirche, Andreas Peters, bei.

In Memoriam der Toten und Über-Lebenden hat er vor kurzem im Geest-Verlag das Buch „Hinterm Kreuz die Lichtung  -  Schatten über Bad Reichenhall. Die Eishallen-Tragödie“,  herausgegeben. Darin Auszüge aus Zeitungsberichten, Predigten der Pfarrer und Psalmen, und vor allem seine eigenen Impressionen, die Fragen aufwerfen und Antworten offen lassen, die Trost spenden und Verzweiflung lindern. Gedichte von Tod und Leben, Gedichte zwischen Tod und Leben, Gedichte mitten im Tod und Leben.    

Die Inhalte sind keine leichte Kost, sie wollen Muße und einen Leser, der bereit ist, sich mit dem lebendigen Glauben auseinanderzusetzen und hinter dem „Kreuz die Lichtung“ zu finden. Das Lesen ist wie eine Spurensuche, der Pfad schlängelt sich wie vor über einem Jahr von Frage zur Frage: „Mein Gott, mein Gott, warum hast du mich verlassen?“ (Matthäus 27,46), „Wo warst du Schutzengel der Kindeskinder?“, „Mama darf ich noch lachen / Du sollst lachen / Dein Lachen ist so schön / Kind ich muss nur weinen / Du darfst weinen / Unsere Tränen vermischen sich. Und die nüchterne Feststellung: „Es ist nur ein Schritt zwischen mir und dem Tode“ (1.Samuel 20,3) und „Ob irgendein Schmerz ist wie mein Schmerz“ (Klagelieder Jeremias 1,12) bis „Am Ende ist das Wort / Das Wort ist bei Gott / Gott hat das letzte Wort“ und „...mal den Tod nicht an die Wand, / Male Jesus Christus“. 

Das Buch ist auch ein Versuch, den Opfern in ihrer Sprachlosigkeit und den Angehörigen eine Sprache zu verleihen. Auch hier setzt sich der Autor und Herausgeber intensiv mit der Frage der moralischen Verantwortlichkeit von Menschen gegenüber Kindern auseinander. Es wirft einen Blick „... hinter die Kulissen / Und morsch getünchten Fassaden“ der „Heilen Welt“, während sie plötzlich zusammenbricht und hinterlässt  Schmerz und Verzweiflung, Hilflosigkeit und Wut. Und es versucht, den Weg zur „Lichtung“ aufzuzeichnen. Trotz Schmerz und Verzweiflung, Hilflosigkeit und Wut. „Wo Trost finden mitten im Tode? In Liebe und Frieden... Mitten im Tode sind wir vom Leben umgeben.“ Denn: nach dem Tode geht das Leben weiter, aber anders. Die Hoffnung stirbt zuletzt?

Andreas Peters, geboren 1958 in Tscheljabinsk/Ural, verbrachte seine Kindheit und Jugend in Kirgisien. Seit  1977 lebt der Lyriker und Erzähler, Kinderbuchautor und Liedermacher in Deutschland. Studierte  Theologie, Philosophie und Krankenpflege in der Schweiz, Gießen und Frankfurt/Main mit Magisterabschluss. Bis 2001 war er Pfleger und Seelsorger an der Universitätsklinik Gießen auf einer Leukämie-Intensivstation. Zuletzt Pastor der Evangelischen Freikirche Bad Reichenhall. Er ist Autor von mehreren Büchern und Veröffentlichungen. 2004 in die „best german underground lyriks“ aufgenommen, erhielt er 2005 den „Preis des Lebens“ (Internationaler deutschsprachiger Literaturpreis) und wurde Preisträger der „best german underground lyriks" 2005.

 

Nina Paulsen, Journalistin und Redakteurin der Zeitschrift „Volk auf dem Weg“.

 

 

 

 

 

 

 

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