Über die Grenzen des Verstehens zwischen Müttern und Töchtern: Christl Schmidt-Holländer feiert Buchpremiere mit ihrem Roman 'Offene Spuren' am 4. August 2013 um 11.30 Uhr in der Alten Brennerei - Joh. Hilbers - in Oldenburg Etzhorn
Presseinfo
Über die Grenzen des Verstehens zwischen Müttern und Töchtern
Christl Schmidt-Holländer feiert Buchpremiere mit ihrem Roman 'Offene Spuren'
am 4. August 2013 um 11.30 Uhr in der Alten Brennerei - Joh. Hilbers - in Oldenburg Etzhorn (Café)
Die Oldenburger Autorin Christl Schmidt-Holländer stellt ihren gerade neu im Geest-Verlag erschienenen Roman 'Offene Spuren' am kommenden Sonntag, 4. August, um 11.30 Uhr erstmals in der Alten Brennerei - Joh. Hilbers - in Oldenburg Etzhorn (Café), Butjadinger Straße 346, der Öffentlichkeit vor. Der Eintritt zu der Veranstaltung ist kostenlos. Nach der Premiernfeier besteht ab 14.00 Uhr die Möglichkeit des Besuchs der verschiedenen Kunstateliers.
Christl Schmidt-Holländer
Offene Spuren
Geest-Verlag 2013
ISBN 978-3-86685-411-6
204 S., 12 Euro
Der Roman ‚Offene Spuren‘ verwebt auf komplexe Weise zwei Lebensstränge, die der Mutter, der 1921 geborenen Delphine Berger, und ihrer Tochter, Margot Mayer.
Delphine Berger, mit Familiennamen Mayer, deren Biografie sich im Laufe des Romans entschlüsselt, als sie diese ihrer Tochter am Ende ihres Lebens zumindest teilweise anvertraut, wird 1921 geboren. Als Klosterschülerin wächst sie in der Hoffnung auf, einmal Nonne zu werden. 1939 begegnet man ihr aber als begeisterte Arbeitsmaid (RAD). Delphine wächst als Deutsche mit französischen Anteilen an der Saar auf, was sie offensichtlich als eigenen Makel empfindet. Sie erweist sich als ungemein ehrgeizig, anpassungsfähig, kann sich sehr gut in andere Menschen hineinversetzen und diese begeistern. Es verwundert daher nicht, dass sie schon früh verantwortliche Aufgaben übernimmt, zum Beispiel Kindertransporte von der Saar an die Nordsee, ja sogar im Bürgermeisteramt die Amtsgeschäfte übernimmt. Am Ende des Krieges führt sie einen Treck von 1.000 Frauen durch umkämpftes Gebiet durch den Bayrischen Wald an die Saar.
Zeit ihres Lebens bleibt die Beziehung zwischen Mutter und Tochter distanziert.
Zum Zeitpunkt der eigentlichen Handlung des Romans ist die Tochter, Margot Mayer, bereits 60 Jahre, der Vater bereits vor 28 Jahren gestorben. Delphine lebt in Goslar in einer Seniorenresidenz. Die Tochter hat offensichtlich viele Eigenschaften der Mutter übernommen: Sie ist ehrgeizig, anpassungsfähig, einfühlsam, und hält doch zugleich stets eine Distanz zu anderen Menschen. Zwei Ehen sind gescheitert, sie führt eine dritte, schwierige Beziehung. Nach Studium und Promotion ist sie beruflich in verschiedenen Bereichen äußerst erfolgreich. Schließlich baut sie eines der angesagtesten Privathotels im Schwarzwald auf.
In diesen Zeitraum fällt auch der Versuch der Annäherung an die vertraute und doch distanzierte Mutter. Diese erkrankt, wird zunehmend dement. Die Tochter versucht, sie zu verstehen, versucht, die Distanz zu ihrer Mutter und damit vielleicht auch zu sich selbst abzubauen.
Das Ende des Romans bleibt offen (Offene Spuren), wird in die Entscheidung des Lesers gelegt. Ist es für die Tochter überhaupt möglich, die Distanz zu überwinden?
Die schwierige Beziehung der heute 60/70-jährigen Frauen zu ihren Müttern ist als soziologisches und psychologisches Problem bekannt. Die zunehmende Distanz vom nationalsozialistischen Geschehen und Weltkrieg, in die Kindheit und Jugend ihrer Mütter fielen, die Nicht-Gesprächsmöglichkeit und auch Nicht-Gesprächsbereitschaft der Mütter in den Jahren des Wiederaufbaus und Wirtschaftswunders, macht erst heute nach 60/70 Jahren das Gespräch möglich, wobei Tod und Krankheit der Mütter, wie im vorliegenden Fall, die notwendige Öffnung in vielen Fällen verhindert.
Die heute 60- bis 70-jährigen Frauen haben andere Biografien hinter sich, nehmen andere Positionen in Familie und Beruf ein als ihre Mütter. Doch merken viele von ihnen am Ende des eigenen Berufs- und auch Familienlebens, dass sie in vielen Verhaltensweisen von ihren Müttern, deren Leben sie häufig nur begrenzt kennen, massiv geprägt worden sind. Um sich selbst und ihre Charaktere zu verstehen, müssen sie den Versuch starten, sich mit ihren Müttern und deren Biografien auseinanderzusetzen.
Christl Schmidt-Holländer gelingt es, über das äußerst spannende Einzelschicksal eine beispielhafte gesellschaftliche Darstellung werden zu lassen.
Geschickt verwebt die Autorin die Biografien von Mutter und Tochter, indem sie die Mutter am Ende des Lebens, in dem die eigentliche Romanhandlung einsetzt, ihre Lebensgeschichte zumindest teilweise erzählen lässt. Auch im Sprachduktus weichen die beiden Erzählstränge voneinander ab, sind sorgsam aufeinander abgestimmt. In beiden Biografien spiegeln sich die grundsätzlichen Problemstellungen beider Frauen.
Ein überaus flüssiger Erzählstil, erprobt in vielerlei Veröffentlichungen, ein ausgewogenes und situationsgebundenes Sprachniveau und eine klare Gliederung lassen den Roman zu einem Lesevergnügen auf etwa 200 Seiten werden, sodass auch weniger geübte LeserInnen den Inhalt problemlos bewältigen können.
Ein Buch, das sicherlich nicht nur vielen Frauen eine wichtige Lektüre sein wird, denn aufgrund der genauen analytischen Darstellung finden sich auch männliche Leser rasch in die Thematik ein.
Zur Autorin Christl Schmidt-Holländer
1933 im Rheinland geboren, begann sie früh, für Jugendzeitschriften Artikel zu schreiben. 1969 veröffentlichte sie ihre eigenen Erfahrungen mit drei Generationen unter einem Dach in dem Büchlein ‚Alt und Jung passt gut zusammen’. Im gleichen Jahr beteiligte sie sich an der Anthologie ‚Alle Kinder dieser Erde’. Von 1977 an war sie als Fachjournalistin verantwortlich für die Pressearbeit und die beiden Zeitschriften des Evangelischen Johanneswerks in Bielefeld.
2006 erschien ihr Buch ‚Sechs mal zehn’ im Geest-Verlag, in dem auch 2009 ihre während eines Basel-Studienaufenthalts entstandenen ‚Tagtexte‘ erschienen sind.
Seit 50 Jahren ist Christl Schmidt-Holländer mit Gerhard Schmidt verheiratet, der als Glaskünstler arbeitet und auch das Titelbild dieses Buches gestaltete.
Mit ihrem Mann lebte sie viele Jahre am Dümmer-See im Oldenburger Münsterland, jetzt in der Stadt Oldenburg.