Alexa Laackmann - Tränen
Alexa Laackmann
Tränen
Tränen. Meine schädlichen Begleiter. Sie sind immer da, mal sind sie verborgen, ein anderes Mal sichtbar und ganz leise. Doch können sie auch laut und erstickend sein. Doch egal wie sie sich zeigen, ich weiß sie sind da und lassen mich nicht alleine. Meine Tränen.
Doch wann haben sie angefangen so konstant da zu sein? Wann hat es begonnen, dass ich mich gefreut habe, etwas so sicher bei mir zu haben?
Um dies zu erkennen, muss ich zurückgehen, weit zurück in eine Zeit, wo noch alles gut war. Wo meine Tränen erst ka-men, wenn ich Schmerzen am Körper hatte. Zu dieser Zeit war ich klein, kleiner als jetzt. Ich hatte meine Eltern an meiner Seite und meine Brüder. Alles war gut.
Doch dann war ist es nicht mehr gut. Gefühle wie Einsamkeit haben mich verfolgt. Ich war allein unter so vielen. Die Schule. Mit dieser hat alles seinen Anfang genommen. Auf einmal war es nicht mehr genug eine Familie zu haben. Ich musst Freunde haben, um dazuzugehören. Ich musste anders werden, um so wie die anderen zu sein. All meine Mühen waren umsonst, ich habe nicht eine echt gute Freund-schaft gefunden. So habe ich weiter gelebt einsam, und allein, noch nicht mal meine jetzigen Tränen waren für mich da.
Allein, einsam und zurückgelassen ging ich zur Oberschule. Doch dort fand ich es. Die eine Person die mich befreien sollte. Die mir etwas von dieser Einsamkeit nehmen sollte. Diese eine Person, die für mich und ich für sie da sein sollte. So dachte ich zumindest. Doch sie hat mich dazu gebracht, meine Tränen zu finden.
Am Anfang konnte ich nicht glücklicher sein. Wir beide zu-sammen gegen die anderen. Bei ihr konnte ich ich sein, ich musste mich nicht verstellen, ich war so wie ich bin. Wir haben zusammen Hausaufgaben, Gruppenarbeiten und Präsentationen gemacht.
Unser Treffpunkt war die Schule, unsere gemeinsame Zeit die Pausen. Nachrichten wurden nur für Hausaufgaben oder irgendwelche Abgaben genutzt. Doch ich war zufrieden. Ich wollte eine Freundin und die habe ich gefunden. Doch leider habe ich viel zu spät gemerkt, dass diese Freundschaft keine Freundschaft war. Es war wie ein Geschäft. Ich gab die Lösungen und dafür gab sie mir ein wenig ihrer Zeit. Dieses Geschäft verfolgte mich, über mehrere Jahre.
Meine jetzigen Tränen habe ich das erste Mal entdeckt, als sie mir erzählte, was sie am Wochenende gemacht hatte. Sie habe mit Freunden einen Filmabend gemacht. Aber ich war nicht eingeladen. Dort haben mich die unsichtbaren stillen Tränen besucht. Jeden Tag hat sie mir berichtet was sie so unternommen hat und ich wurde nie eingeladen. Immer öfter habe ich meine Tränen bemerkt. In der Schule waren sie unsichtbar, nur ich konnte sie sehen und spüren. Zuhause waren sie sichtbar doch stumm, sodass nur ich sie hören konnte.
Das erste Mal, als die erstickenden, quälenden, lauten Tränen sich mir gezeigt haben, war an einem Wochenende. Wir wollten uns treffen, wirklich treffen. Gemeinsam in die Stadt gehen. Ich habe mich so gefreut. Ich war glücklich. Zwei Stunden, bevor unser Zug losfahren sollte, bekam ich eine Nachricht: ‚Sorry, ich kann nicht kommen, mir ist was dazwischengekommen.‘
Eine Nachricht, die mir so viel genommen hat. Nicht nur meine Freude, nicht nur meine Unbeschwertheit, sondern auch mein Vertrauen. Die Nachricht hat mir aber auch etwas zurückgebracht, etwas, was ich schon mal gefühlt habe. Die Einsamkeit.
Von da an waren die Tränen für mich da. Sie waren meine Freunde, meine Geliebten und meine Familie, bei denen ich ich selbst sein durfte.