Buch als Schritt in ein gesichertes Leben - Roman einer Ungewollten - Lesung mit Alexandra Milas im Gewerkschaftshaus Osnabrück


Buch als Schritt in ein gesichertes Leben

Roman einer Ungewollten - Lesung mit Alexandra Milas

Eine sogenannte „Hybrid-Lesung“, in deren Verlauf ein zugeschaltetes Publikum die Veranstaltung live verfolgen konnte, bildete den Rahmen für eine literarische Veranstaltung im Osnabrücker Gewerkschaftshaus. Die aus der Mitte Deutschlands angereiste Autorin Alexandra Milas las aus dem autobiografischen Buch „Die im Zeichen von Mond und Stern geboren wurde“. Unterstützt wurde sie von Nicole Verlage und Caroline Auerbach, die jeweils Passagen vortrugen.

Eine gleich zu Anfang von der Autorin gelesene Textstelle beschreibt ihren Eintritt ins Leben und erklärt den Untertitel des Buches „Roman einer Ungewollten“. Dort heißt es: „Doch meine Mutter weinte und sagte unter vielen Tränen: ‚Was nutzen diese Zeichen der Schönheit? Ich habe eine Tochter zur Welt gebracht. Was werden mein Mann und meine Familie sagen? Sie erwarten einen Sohn von mir. Ich wünschte mir, ich hätte ein totes Kind geboren.‘“

Die folgend vorgetragenen Textpassagen verdeutlichten weitere Lebensstationen der heute 27-jährigen Mutter zweier Kinder: Ihre Kindheit ohne Freundschaften, Entführung und traumatische Erlebnisse infolge von IS-Terror, Zwangsehe mit 14 Jahren, häusliche Gewalt, Arbeitsverbot und Gefangenschaft in den eigenen vier Wänden, strapaziöse Flucht nach Deutschland, Scheidung mit Morddrohungen, zuletzt auch noch eine lebensbedrohende Erkrankung. Es gibt nur wenig im so jungen Leben von Alexandra Milas, das im Zuge einer Aneinanderreihung furchtbarer Erlebnisse fehlt.

Trotz zuweilen mangelhafter Technik gelang es den Lesenden, die grausige Lebensgeschichte der Autorin deutlich zu machen. Nicht minder einfühlsam schafften es die beiden Musizierenden Ismail Türker und Alexander Friebl, in den Lesepausen mit passendem Gesang und dezenten Gitarrenklängen zu entspannen.

DGB-Sekretär Olaf Cramm hatte sein Resümee des Bandes bereits in seiner Begrüßung vorweggenommen: „Im Buch von Alexandra Milas wird beeindruckend klar berichtet, wie viel Gewalt sie hinter sich bringen musste. Mit ihrer Willensstärke, von ihrem Kämpfen heraus aus dem gewalttätigen Sumpf patriarchaler Herrschaft zu berichten, beeindruckt die Autorin alle Lesenden oder Hörenden und verdeutlicht für andere, mutig zu handeln.“

In Vertretung des erkrankten Verlegers vom Vechteraner Geest-Verlag, Alfred Büngen, freute sich der Osnabrücker Autor und Mit-Initiator Heiko Schulze, dass der vorliegende Roman zum Jahresende erscheinen konnte. Als Gemeinschaftswerk mit vielen Helfenden liegt der nun im Buchhandel bereit. Schulze zeigte sich sicher: „Das Aufgezeichnete macht vielen Mut und ebnet auch für Alexandra Milas persönlich eigenständige Schritte in den noch fremden Alltag. Fortan möge sie endlich zu einem sicheren, selbstbestimmten Leben finden.“

Die Gewerkschafterin Nicole Verlage wies abschließend auf die Notwendigkeit hin, insbesondere qualifiziert betreute Unterkünfte geflüchteter Menschen bis hin zu Frauenhäusern als Schutzräume gegen Gewalt zu sichern und bestmöglich auszubauen. Das Buch von Alexandra Milas habe diese Notwendigkeit eindrucksvoll unterstrichen: „Einmal mehr wird deutlich, dass Menschenwürde wenig bedeutet, wenn Frauen solches Leid erfahren müssen. Nur weil in diesem Fall aufmerksame, engagierte Frauen reagierten und vor allem mehrere Frauenhäuser Schutz geboten haben, entkam die junge Frau dem Martyrium. Das dieses in einer Geflüchteten-Unterkunft seine tragische Fortsetzung gefunden hat, ist inakzeptabel. Bereits in den Ankunftszentren muss es darum gehen, echte Schutzräume zu bieten. Wer bei den Hilfen für Geflüchtete oder bei der Ausstattung von Frauenhäusern sparen will, verwehrt Frauen damit einen elementaren Schutz.“
 

Sie trugen zum Ablauf des Abends bei. Von links nach rechts – und die erbetenen 2-G-Regelungen befolgend: Alexander Friebl, Caroline Auerbach, Autorin Alexandra Milas, Nicole Verlage, Heiko Schulze und Ismail Türker. Foto: DGB Osnabrück