Buchprojekt in Brake ist gelebte Inklusion - NWZ berichtet

 

Literatur

„Buch-Projekt ist gelebte Inklusion“

 

Gemeinsamer Roman von Pestalozzi-Schule und Gymnasium auf Zielgerade

Am 25. Juli wird die Premiere des Buches gefeiert. Aus der Handlung soll auch noch ein Theaterstück werden.

 
 

Brake Alfred Büngen ist ein gefragter Mann an diesem Vormittag in der Pestalozzi-Förderschule. Ständig kommen Jugendliche zu ihm und haben eine Frage – oder auch ein Problem. „Die Jungs ärgern uns immer“, klagt eine Schülerinnen. „Dann sagt ihnen, dass sie aufhören sollen", rät Büngen, nachdem er gerade einem anderen Schüler die Aufgabe gegeben hat, zu beschreiben, was er auf der Mofa-Fahrt von zu Hause bis zur Schule sieht, fühlt und denkt. Wenige Minuten später steht Henning Spark (17) bereits mit dem Text vor ihm. „Sehr gut“, lobt Alfred Büngen, „vielen Dank“.

Der 59-Jährige Büngen ist Inhaber des Geest-Verlags mit Sitz in Vechta. In wenigen Wochen wird er einen ganz besonderen Roman herausbringen. Die Autorinnen und Autoren sind Schülerinnen und Schüler der Pestalozzi-Schule und des Braker Gymnasiums. Jetzt hat der letzte von insgesamt drei Schreibtagen stattgefunden. Am 25. Juli wird „Das ist mein Haus“ seine Premiere feiern.

50 junge Autoren

Reinhard Rakow hat dieses besondere Projekt initiiert. Rakow ist der Organisator der Berner Bücherwochen. Innerhalb derer war 2013 bereits das Buch „Trotz alledem – Zwischen Kuschelbär und Liebesglück“ erschienen, das Pestalozzischüler geschrieben hatten. Achtklässler des Gymnasiums hatten dabei als Schreibpaten fungiert.

Nun geht ein weiteres Buch auf die Zielgerade. Doch diesmal sind die Parameter andere. Die Achtklässler des Gymnasiums helfen den Neuntklässlern der Pestalozzischule nicht als Schreibpaten auf die Sprünge, sie verfassen das Buch vielmehr gemeinsam mit ihnen. Die insgesamt 50 Autorinnen und Autoren haben an den Texten in 15 Arbeitsgruppen geschrieben. Zu Büngens und Rakows großer Überraschung und Freude verschwammen sehr schnell die Grenzen zwischen Förderschülern und Gymnasiasten. Büngen: „Das ist nicht vorgegebene, sondern gelebte Inklusion, von der beide Seiten sehr intensiv profitieren.“

Die Rahmenhandlung ist schnell erzählt: Zwölf Braker Jugendliche verschiedener sozialer Herkunft stehen im Mittelpunkt. Einer davon befindet, dass ein Jugendzentrum her muss, und verteilt Zettel, um für seine Idee zu werben.

Figuren mit Eigenleben

Das löst die unterschiedlichsten Reaktionen aus, und genau an diesem Punkt wird die Sache spannend. Büngen hatte die Charaktere und Beziehungsgeflechte grob vorgegeben. Doch die zwölf Protagonisten haben unter der Feder der Schülerinnen und Schüler längst ein Eigenleben entwickelt. Und genau darauf hatten Büngen und Rakow auch gehofft.

Eine Aufgabe des Verlegers wird es jetzt noch sein, die literarischen Versatzstücke, die am letzten Schreibtag entstanden sind, zusammenzufügen. Am 25. Juli ab 18 Uhr soll der fertige Roman dann in der Pestalozzischule vorgestellt werden.

Zu hören sein werden dann auch Songs, die die Schülerinnen und Schüler zur Eröffnung „ihres“ Jugendzentrums geschrieben haben.

Und damit nicht genug: 30 weitere Schülerinnen und Schüler arbeiten an Dokumentationen über Pestalozzi und porträtieren zudem Jugendliche und ihre Wirklichkeit in Brake. Auch diese Ergebnisse werden bei der Premiere von „Das ist mein Haus“ präsentiert.

Derweil soll der Roman der jungen Leute auch noch in ein Theaterstück münden. Die Aufführungen sind für November geplant.