Das ist der Anfang des vierten Teils von Winfried Arenhövels 'Verbrechen um Beno' mit dem Tiel Bettelmanns Umkehr
Warum lag ich nur immer noch in dieser unheimlich dunklen Höhle? Mich fröstelte. Es war furchtbar kalt hier unten, kalt und feucht, vor allem aber finster, finster, finster. Und unglaublich hart, das war viel schlimmer. Kleine scharfe Kieselsteine drückten sich in meinen Körper, was ich ohnmächtig über mich geschehen lassen mußte. Mein Rücken, vor allem aber das Gesäß und die Beine schmerzten fürchterlich. Ich lag auf kaltem Erdboden, oder war es Gestein? Befand ich mich etwa im großen Saal der Unterirdischen Gänge? Natürlich! Denn hier an der Tür, ganz dicht neben mir, war Beno angeschossen worden. Da sah man ja noch den dunkelroten Blutfleck, der wie ein Tintenkleks, aber viel, viel größer, in den Erdboden zwar eingesickert, aber noch deutlich sichtbar war. Und dieser furchtbare Geruch! Riecht so Blut? Aber warum stand ich denn nicht auf und lief aus dem Saal hinaus ins Tageslicht, warum vermochte ich es nicht, die furchtbare Angst hinter mir zurückzulassen? Ich wollte es schon, wollte mich mit aller Gewalt aufrichten, aber meine Beine reagierten nicht, waren schwer wie Blei, wie gelähmt, verweigerten meinem Körper, sich zu erheben. Es war zum Verzeifeln. Und was klopfte da immer so blechern von der Decke? Oder tickte irgendetwas im kalten Boden, auf dem ich lag, etwa eine Bombe? Ach richtig, ich befand mich ja gar nicht mehr im Großen Saal, das war gestern oder vorgestern gewesen. Welchen Tag hatten wir eigentlich heute? Unwichtig, erst mußte ich diese komische Eisenkugel, dieses schwarzrostige Dings ausgraben, das Beno und seine Freunde entdeckt hatten. Aber warum eigentlich? Mich drängte ein innerer Zwang, dem ich unter keinen Umständen ausweichen konnte. Es war meine mir zugewiesene Aufgabe, der ich folgen mußte, jetzt, sofort. Später würde dafür niemals mehr Zeit sein.
Keiner fragte, ob sie sinnvoll sei. Diese blöde Arbeit machte einfach keinen Spaß. Ich fühlte mich genötigt: ich mußte graben, immer wieder weiter graben, als hinge mein Leben davon ab. Der Schweiß lief mir von der Stirn, füllte die brennenden Augenhöhlen, engte meinen Blickwinkel ein. Doch dann erschreckte mich zutiefst, was ich sah: Wer schaute da schon wieder hinter den Bäumen hervor? Das war doch nicht möglich! Ein unbeschreiblicher Schreck durchzitterte meinen schweißnassen Körper. Felix Krumbein, dieser elende Verbrecher, stand da hinter einer dicken Kastanie und starrte frech zu mir herüber! War der nicht längst tot und lag auf dem Hetschburger Friedhof? Was wollte dieser fiese Kerl denn noch von mir? Warum ließ er mir keine Ruhe? Sollte er nicht längst ausgeschaltet sein? Überhaupt, unser Dorfpolizist Schunzbach, der eigentlich August Starkse hieß und ein elender Ganove war, wie wir leider feststellen mußten, der hatte ihn doch längst erschossen?
Oder doch nicht? Wirre Gedanken durchzogen mein Gehirn. Ich wollte aufspringen, aber meine Beine verweigerten immer noch ihren Dienst.