Das neue Buch von Nicoleta Craita Teno geht in Arbeit: Jugendroman 'Die Naht des Silberschuhs' / wird auch auf dem Literarischen Sommerfest zu hören sein
Nicoleta Craita Ten'o
Die Naht des Silberschuhs
Ein Roman nicht nur für Jugendliche
Geest-Verlag 2017
Ein sprachlich und unhaltlich umwerfenden neuen Roman nicht nur für Jugendliche legt nun unsere Autorin Nicoleta Craita Teno vor. Nach erstem Lektorat kann man nur sagen, wir sind ergriffen, gefesselt, man mag nicht aufhören zu lesen. Viel geht es in diesem Roman darum, Essstörungen zu verstehen, Störungen, die man fast nicht begreifen kann, die in der Persönlichkeit der Betroffenen verankert sind, von Ärztenkaum kaum verstanden. Hier ein erster Auszug aus dem Roman:
Sie trug in der Hand eine Portion Traurigkeitspommes mit Blutketchup, der ihr über das Handgelenk geglitten war. Aber das Blut, bescheiden, das nicht mehr floss und nicht verschwinden wollte, widerlegte sämtliche Theorien und bot ein Bild der Verletzlichkeit , das sich von seiner Kraft und Wirkung von allem anderen unterscheiden ließ, was sie bisher erlebt hatte. Sie bewegt sich nicht, ballte die Hand zu einer Faust und streckte dann die Finger wieder aus. Heiße Tränen benetzten hin und wieder die surrenden, dünnen Augenlider, bewirkten dass sie darüber nachdenkt und erloschen in dem Sumpf ihrer Gedanken. Was bringt eine Blume dazu, sich zu fürchten? Und Gott, wo war ER vorhin gewesen? Sie rutschte aus dem Fernsehsessel zu Boden, zog die Knie an die schmale Brust zusammen, spürte das Herz in den Oberschenkeln reden. Der Kopf war eine Discokugel, die am Ende eines Grashalms an dem Körper hing, sie ließ ihn fallen, und er fiel ... tief. Sie schaute sich die Socken an. Zerkratzte mit den Fingernägeln ihre neuen Schnittwunden und sie bluteten noch einmal. Die Handgelenke färbten sich noch einmal purpurrot.
Es hatte aufgehört zu regnen. Das Wetter trug der Park in sich, und die Menschen, deren Seelen sich nach Sonne sehnten. Gestern hatte ein Brandstifter ein Auto in der Nähe des Parks angezündet, heute lief ein Mädchen mit seiner Mutter dieselbe Strecke, und deutete auf das Wrack, das empörte. Die Mutter nahm das Kind hoch und versuchte es davon abzuhalten hinzuschauen. Kinder dürfen die Grausamkeit der Welt nicht an sich heranlassen. Doch das Kind konnte sich nicht satt sehen. Die Mutter setzte es vor einem Laden ab, sie bestellte Wurst für sechs Euro und drei Brötchen. „Ist das alles?“, fragte die Verkäuferin. „Einen Augenblick, bitte!“ Die Mutter wendete ihre Geldbörse von innen nach außen, schüttete das Geld auf die Theke aus und zählte es auf. „Eine Scheibe weniger von der Wurst, geht das?“ Die dicke Frau mit weißer Kochmütze machte die Tüte mit der Wurst wieder auf, wiegte den Inhalt nach der Abnahme einer Scheibe noch ein Mal. Die Mutter, peinlich berührt, fragte, das Geld hinwerfend als sei es ihr zuwider, „Reicht das?“ Die Verkäuferin pickte sich schweigsam die Münzen auf, zwei Cent zurück lassend. Es regnete wieder. Der Regen spülte die Asche eines armseligen Autos in einer armseligen Welt über den Gehweg hinweg.