Irena Habalik - Im Wald
Irena Habalik
Im Wald
1
Wie wir da neben ihm stehen, das Flüstern der Blätter belauschen,
das Wiegen der Zweige belauschen, dieses Wiegen im Herztakt
des Ewigen, wie wir auf den hinter uns schwärmenden Pfad zurück-
schauen, zum Himmel hinaufschauen, der seine Farbtöne einsaugt,
wie wir da stehen an dieser Stelle, in dieser Stille, Minuten zählen,
uns seine Träume erzählen, ihm einen Namen geben, wie du die Hand
auf meinen Arm, seinen Arm legst, an meiner, seiner Brust horchst.
Wir wissen nicht, was wir sind, was wir suchen, hier zu dieser Stunde -
deine Wurzeln fühle ich wie die seinen, die warme Rinde fühle ich
wie deine Haut, umarme ich dich, umarme ich den Baum.
Der kühle Rauch und das Rauschen legen sich über den Wald.
2
Die Erinnerung wird einmal aus ihrer Falte jenen Tag hinauswerfen,
als wir da standen, ich sein Grün aus deinen Fingern leckte,
die frisch gespannten Blättchen aus deinem Mund küsste,
wie wir da waren stimmlos und keine Ahnung hatten, woran wir
lehnten; Kiefer, Buche, Lärche, wie dieser hellrötlich grundierte Tag
in uns eindrang, die Saiten berührte, ein Symphoniehauch.
Wir fragten uns, was wir wussten, fanden wir eine Stelle der
Erleichterung? Der Erläuterung? Wollten wir ihn beschützen?
Vor wem? Unserer Zudringlichkeit?
3
Und jetzt sind wir hier, wie damals, vor uns der Sand, das Grau.
Im Himmel, wie in einem blauangehauchten Spiegel sehen wir ihn,
den Baum, wir stehen erschöpft von der endlosen Schöpfung, er wächst
jetzt im Himmel, wir sehen uns dort, leicht, klein, mit ihm vereint