Nerouz Racho - Was bleibt

Was bleibt
Nerouz Racho

Wir merken gar nicht, wie leichtsinnig und gutgläubig wir doch unser Leben leben. Wir verschieben Termine und Wiedersehen auf morgen, weil wir doch so naiv sind zu glauben, dass uns ein Morgen zusteht.
Aber wer gibt uns diese Zustimmung, diese Sicher-heit?
Wir leben ein Leben, das uns geschenkt worden ist, das uns aber auch jeden Moment wieder genommen werden kann.

Menschen leben heute, um morgen zu sterben.
Menschen leben ein Leben, von dem sie wissen, dass es ein Ende haben wird. Menschen teilen, sie teilen die Menschheit, weil sie doch ohne die ‚anderen‘ besser leben. Menschen trennen, weil sie doch am besten wissen, wer zusammengehört. Menschen un-terscheiden, weil sie denken, sie wären etwas besser, etwas schöner, etwas klüger, etwas reicher, aber wer sagt denn, dass Eigenschaften Menschen voneinan-der unterscheiden.
Du, Ich, Wir alle sind Menschen, die heute, morgen oder übermorgen schon gar nicht mehr sein können, aber das, das hat noch keiner richtig verstanden.
Du, Ich, Wir alle haben einen Weg, den wir früher oder später gehen müssen, einen Weg, an dem wir alle zusammenkommen.
Den Weg vom Lebenden zum Toten.
Irgendwann wird der Tod uns alle einholen, und dann können wir ihn nicht verschieben, nicht absa-gen. Wir werden es hinnehmen müssen.
Wir werden es akzeptieren müssen.
Wir werden gehen müssen. Diese schöne und doch grausame Welt verlassen müssen. All die Momente, an denen wir dachten, wir wären unsterblich, an denen wir dachten, wir hätten noch ewig Zeit, all die Erinnerungen, all die Bilder, all die Gefühle.
Was bleibt, sind die, die …
Was bleibt sind Erinnerungen, die sie einst mit uns machten.
Aber auch sie werden verblassen, werden vergessen. Denn so funktioniert der menschliche Verstand, aus den Augen, aus dem Sinn.
Dein Gesicht, deine Haltung, deinen Geruch, sogar deine Stimme vergessen wir. Wir werden uns schlecht fühlen, nicht akzeptieren wollen, dass es die Akzeptanz ist.