N.N. - Ich bin noch da

N. N.
Ich bin noch da

Warum nehmt ihr mich nicht mit in den Urlaub?
Warum bin ich hier im Krankenhaus?
Mir geht’s doch gut.
Was soll das?
Wieso hab ich einen Rollstuhl?
Ich kann doch laufen!
Lasst mich aufstehen, ich will hier weg!
Fragt mich nicht immer, wie es mir geht, mit geht’s gut. Da sind nur diese höllischen Kopfschmerzen, sonst geht es mir gut.
Hört auf, mir Blut abzunehmen, darin findet ihr nichts. Ich bin gesund.
Kopfschmerzen hat jeder mal, die gehen doch wieder weg, oder?
Lasst mich laufen, ich will laufen!
Toll, danke, jetzt kann ich nicht mehr laufen. Das liegt be-stimmt daran, dass ich immer in diesem Rollstuhl sitzen muss.
Denn mir geht’s gut, ich bin doch gesund.
Ein paar Tage später.
Mama, Hilfe, warum kann ich mich nicht bewegen? Ich will nicht, dass jemand sieht, dass ich geweint habe.
Warum ist das alles so? Hilf mir! Ich will nach Hause.
Meine linke Körperseite kribbelt, ich kann nichts mehr be-wegen.
Wo ist mein Kuscheltier? Ich brauche mein Kuscheltier, ich muss meine Tränen damit wegwischen, niemand soll sehen, dass ich geweint habe!
Ich bin doch schon groß.
Wieso kann mir kein Arzt helfen, Mama?
Wieso muss ich von Krankenhaus zu Krankenhaus mit dem Krankenwagen, Mama?
Mama, ich will hier weg, ich kann nicht mehr, ich will mit niemandem reden. Mich soll niemand mehr untersuchen, ich kann nicht mehr. Ich will nicht weinen!
Mama, weinst du auch wegen mir, wenn du rausgehst?
Ihr sagt, ich bin stark, aber ich mache doch nichts.
Eventuell nur ein bisschen reden, also dann, wenn ich es schaffe. Dann, wenn ein Wort rauskommt, das zumindest ansatzweise verständlich ist.
Vielleicht sind es auch nur Töne, die rauskommen. Zumindest versteht mich niemand.
Wisst ihr was? Ich hab alles mitbekommen, wirklich alles, die ganze Zeit, auch wenn es niemand glaubt. Aber ich war da, auch wenn man mir es nicht angesehen hat, doch ich kann euch alles, was geschieht, wiedergeben.
Ich war in meinem Kopf gefangen, auch wenn ich kaum etwas machen konnte, aber ich war noch da.