Presse berichtet über heutige Buchpremiere von 'Der Block an der Bahn - Olaf Bröckers Roman über das KZ Vechta
Fiktive Handlung, realer Ort: Olaf Bröcker lässt Roman im Vechtaer KZ spielen
OV vom 12.10.2022
Der Geschichtslehrer hat eine fiktive Handlung entwickelt um die Existenz des KZ Vechta bekannter zu machen. Protagonist des Buches ist Wilhelm Bramlage - der stellvertretende Leiter des Lagers.
Olaf Bröcker schrieb seinen Roman "Der Block an der Bahn" in einem Hotel in Wilhelmshaven. Foto: Heinzel
Die Handlung ist fiktiv. Den Ort aber, an dem Olaf Bröcker sein neuestes Buch spielen lässt, hat es gegeben: das Konzentrationslager Vechta. Am Donnerstag (13. Oktober) stellt der Geschichtslehrer Olaf Bröcker bei einer Lesung (Beginn: 19.30 Uhr) im Museum Vechta seinen 4. Roman vor. Darin widmet sich der 52-Jährige dem „Block an der Bahn“; so der Titel des Buches. In dem ehemaligen Frauengefängnis existierte zwischen Juli 1933 und März 1935 eines der „frühen Konzentrationslager“. Diese dienten der „Konsolidierung der nationalsozialistischen Herrschaft“, berichtet der Geschichtslehrer. „Das ist ein Konzentrationslager, das geschaffen wurde, um die Staatsfeinde von der Straße zu bekommen“, sagt Olaf Bröcker. Diese Lager seien auch als Schutzhaftlager bezeichnet worden. Bis zu 140 Personen waren zu Spitzenzeiten im November 1933 im Vechtaer KZ inhaftiert. Danach sank die Zahl bis Ende des Jahres auf rund 25 und blieb bis zur Auflösung auf diesem Niveau. Denn: Als der politische Widerstand gegen das Nazi-Regime gebrochen war, hatte es keine Funktion mehr und wurde aufgegeben. Auf Basis der „Verordnung zum Schutz von Volk und Staat“ waren die Insassen eingesperrt, schreibt etwa Karin Orth in ihrer politischen Organisationsgeschichte der Konzentrationslager. Das NS-Regime errichtete „im ersten Jahr seiner Herrschaft mindestens 70 Lager, 30 sogenannte Schutzhaftabteilungen in Justiz- und Haftanstalten sowie 60 Haftstätten der Gestapo, der SA und der SS“. In einer solchen Einrichtung spielt also "Der Block an der Bahn". Als Protagonist schuf Olaf Bröcker den Phlegmatiker Wilhelm Bramlage. Dieser wird zum stellvertretenden Leiter des Konzentrationslagers im ehemaligen Frauengefängnis. Eine Stellung, die er nur unwillig, 7 Jahre vor seiner Pensionierung, übernimmt. Er möchte sein altes Leben fortführen, versteht aber nicht, dass das nicht mehr geht. Die Namen der Romanfiguren (bis auf einen) wurden einem Auswandererverzeichnis des Großherzogtums Oldenburg entnommen. Orte und Wege sind historisch nachvollziehbar, wobei sich Bröcker von zwei Aufsätzen inspirieren ließ: einem aus den 1980er Jahren von Albrecht Eckhardt und einem aus dem Jahr 2021 von Friedrich Bunge. „Beide unterscheiden sich massiv“, sagt Olaf Bröcker. Menschen verhalten sich nicht immer eindeutig. Wer ist der Täter; wer ist das Opfer? Ihm gehe es um die Mischformen, die Grautöne, erklärt Bröcker. Sein Protagonist etwa unterstütze das neue System, ohne es zu wollen. Er komme aus dem Gefängnissystem des Kaiserreiches und treffe nun auf SS-Wachen und das frühe Konzentrationslager. Damit komme er nicht klar. Sein ganzes Umfeld bringe er schließlich gegen sich auf. Der Vorwurf: Er gehe zu sanft mit den Staatsfeinden um, deren Existenz er wiederum nicht infrage stelle. „Ich wollte jemanden, der zwischen den Stühlen sitzt“, berichtet Olaf Bröcker. Der gebürtige Hamburger unterrichtet seit 1999 Deutsch und Geschichte am Gymnasium Antonianum in Vechta. In dieser Zeit hat er bereits einige Projekte mit dem Geest-Verlag in Langförden umgesetzt. Dessen Verleger Alfred Büngen habe dann auch den Anstoß zu dem jüngsten Roman gegeben, sagt Bröcker. Geschrieben habe er in den Ferien. „Einen Roman schreibt man nicht nebenbei“, sagt der Autor. Zur Arbeit an seinem Werk habe er sich für eine Woche in ein Hotel in Wilhelmshaven zurückgezogen und dort pro Tag zwei bis drei Kapitel verfasst. „Ich habe einen Hauptberuf“, stellt Olaf Bröcker klar. Daher habe er mit seiner Zeit effizient umgehen müssen. Vorab lege er sich eine Grundstruktur zu; die entwickle sich beim Schreiben immer weiter. Dabei sehe er seine Figuren wie in einem Film vor sich. In Vechta wisse kaum jemand von dem Konzentrationslager; das müsse sich ändern, findet Bröcker. Eine Gedenktafel wäre ein guter Anfang, um die Erinnerung wachzuhalten. Info: Olaf Bröcker: "Der Block an der Bahn – Ein Roman über das KZ Vechta"; Geest-Verlag 2022; ISBN 978-3-86685-925-8; 180 Seiten; 12,50 Euro.Schutzhaftlager gab es vor allem direkt nach der Machtergreifung
Orte und Wege sind historisch nachvollziehbar
Um zu schreiben, zog sich Bröcker in ein Hotel zurück