Reinhard Rakow - Auf einen Dichter
Auf einen Dichter
Nicht einmal wieder, o holder Jüngling, wirst du so lieben,
So unbedingt der treuen, braunen Nacht verfallen des Blicks
Einer Fremden voll Liebreiz, der im Herzen dich zündet und rührt!
Gezwängt von der Schwester in den Kerker familiae, dem zu entfliehn
Du dich zeitlebens nicht traun wirst, bestraft mit der Knechtschaft
Des Vikariats, für dessen Unschmackhaftigkeit du nie getaugt:
Wie wirst du dich grämen! doch demütig, wird dein sanfter Geist
Fröhlich als Ausweg und Lösung erfinden die Anmuth der Sprache --
Tief empfunden, so rein und so völlig. Wie es in dir gelebt?
Was aber des Dichters zweite Seele ist, schön scheint es aus sich selbst.
Nach Eduard Mörikes „Auf eine Lampe“. Mörike (08.09.1804 – 04.06.1875) verliebte sich mit 18 heftig in die Kellnerin Maria Meyer. Auf Drängen seiner älteren Schwester, die „Unreines“ witterte, brach er die Beziehung ab.