reinhard rakow - nachlese

nachlese


wenn du sie brauchst,
weißt du, dass ich sie habe:
die bücher mit flecken auf dem umschlag aus jute
die drehbleistifte mit verstopftem rohr
und all die verschwitzten geschichten,
die nach draußen drängten, aus
fleisch ihr haus zu verlassen -
ich hab’ sie

ich hab’sie
für dich aufgehoben,
sie dir zu erzählen, leihweise,
wenn du mal wieder dein schweigen schwiegst
ungebührlich, gegen entgelt, entgegen der aussicht
auf bessere zeiten, schön’re verläufe, andächtig
schwiegest in rasender stille
ich hatt’ sie

in meinem schädel gebunkert
mit der zunge begraben, im zahnlosen maul
getreten auf lehmigem boden mit blutigen füssen
den stümpfen, den bloßen, im knochigen takt-
schlag meines herzens beerdigt: geschichten
auf abruf. geschichten: gelesen, geschrieben
doch nie abgeholt.
ich hatt’ sie

ich hatte
ich hatte klage erhoben gegen dich, mit
bitteren worten, und stumm: auf die leihgebühr,
auf zinsen und mehr. die klammer verrostet,
die jute brüchig und mürbe, das wort abgegriffen
doch nicht vom gebrauch. sag mir, warum
nicht? was frug ich … ...
ich hatte

kein recht –