Reinhard Rakow - Nordisches Sonett

Nordisches Sonett


Der Regen rieselt beige in dünnen Schnüren.
Es ist ein Tag, wie ihn das Land hier kennt,
Lautlos, taub, träg, von Licht wie Lust getrennt
Umschmeichelt er die Seinen, nichts zu spüren.

Betörend, süß, anmutig ist sein Gift ...
Und wir, verzückt, trinken in vollen Zügen
Das Grau des Himmels, Fernweh, milde Lügen,
Dem Rausch des Nordens folgend, seiner Drift.

Ein Wind ... dann Nacht! — Verlor’ne, die wir sind,
Denen Erstarrung sacht zum Tod gerinnt,
So sollt’ uns nun das Licht verloren gehen?

Nicht heute! Gestern ... und vorher ... ist’s schon geschehen ...
Ziellos, betäubt, so haben wir ergeben
Uns diesem düster’n Land, der Stille, ihrem Beben.