Reinhard Rakow: steenstrate, 22. april 1915 (erster Giftgasangriff in der Geschichte, verübt von Deutschen))

Reinhard Rakow

steenstrate, 22. april 1915

stechend rochs unvermutet, ein gestank,
den der wind trieb als weißgrüngelben schwall
linksrechtsvorne, die welt nur noch schwall und gestank,
ein zaubrisch spektakel, vom wind exekutiert,
gegen den kein bajonett half, keine kartätsch,
weder helm, schwert, noch geschütz, ein gestank,
im bund mit der luft, diesem östlichen wind,
gegen den allein nur wegzulaufen es galt, weg zu  
rennen, zurück, bloß zurück, dem hinterland entgegen,
dem wind des feindes davon, diesem gestank
entrinnen, ihm, dem ätzenden, beißenden, flüchtig
zaubrischen, nie voraus bedachten feind,
weg, nur rasch weg, die schützengräbenböschung
hinan, so steil sie auch sei, so glitschig, bevor
er sich senkt, der tödlich schwere gestank, dieser  
erdenschwer deutsche mephistogestank, ihn fliehen,
ums leben zu retten, ums leben rennen, ihn fliehen,
ihn rennen, rennen, husten und rennen, husten und
hasten, husten und hecheln, das stechen
verspüren innen, in schlund, nase, lunge, das brennen,
es brennt, ätzt und verbrennt, husten, luft ziehen,
luft ziehen, die schmerzen, die nebel im hirn, blut~
schwaden, blut husten, die luft!

der nebenan röchelt, stolpert, spuckt blut,
der unter dir liegt
erstickt,

krampfende wallung,

ein

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Zwischen Steenstrate und Poelkapelle ließen die Deutschen am 22. April 1915 um 18 Uhr auf einer Frontlänge von sechs Kilometern innerhalb von fünf Minuten 150 Tonnen Chlorgas aus 6.000 Stahlflaschen ab. Hunderttausende starben. Es war das erste Mal, dass Giftgas als Kriegswaffe eingesetzt wurde.

 

 

Reinhard Rakow

geb. 1952 in Gelnhausen, lebt und arbeitet in Berne/ Wesermarsch als  Maler und Autor.

Autor (Romane, Novelle, Gedichte), Herausgeber (Anthologien der Berner Bücherwochen u.a.), Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien, Feuilletonbeiträge zu Musik, Kunst, Literatur und Theater.

 

Besuchen Sie unbedingt seine täglich aktualisierte Webseite http://www.reinhardrakow.de

 

Im Geest-Verlag erschienen:

 
Trotz alledem. Anthologie zu den Vierten Berner Bücherwochen
Manche schlafen ein mit der Katze. Ein Lesebuch für die Wesermarsch

 

 

Reinhard Rakow

geb. 1952 in Gelnhausen, lebt und arbeitet in Berne/ Wesermarsch als  Maler und Autor.

Autor (Romane, Novelle, Gedichte), Herausgeber (Anthologien der Berner Bücherwochen u.a.), Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien, Feuilletonbeiträge zu Musik, Kunst, Literatur und Theater.

 

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Im Geest-Verlag erschienen:

 
Trotz alledem. Anthologie zu den Vierten Berner Bücherwochen
Manche schlafen ein mit der Katze. Ein Lesebuch für die Wesermarsch