Reinhard Rakow - Wie schön

Es ist so schön! Die toten Blätter leihen
Dem Schmuddelasphalt fast ein goldnes Vlies
Als gelte es, den Hinterhof zu weihen
Tanzloh und raschelbunt dem Paradies

Ein Wind kommt auf. Die toten Blätter treiben
Den Mauerecken zu; dort ball´n sie sich
Zu schütt´ren Haufen, die anfällig bleiben
Für jeden Hauch zuviel, der sie umstrich

Und Regen fällt. Die toten Blätter neigen
Vor der Verwesung tief das sieche Haupt.
Der Körper folgt. Bald Schmier und Fäule zeigen
Das letzte Ende an dem Baum, der unbelaubt

Nach Rettungsankern sucht. Und findet stets die selben
In "Herbst" und "Sterbst", in "Herz" und "Schmerz", in "Rot"
Und "Schwarz", in Humus, Blättern, braunen, gelben,
In Erde, Asche, Kälte, Modder, Tod.

Es ist so schön! So schön, im Niedergang zu suhlen
Sich und die waidwunde Seel, die Liebe darbt
Et cetera: Doch bitt ich drum, nicht auch noch abzuspulen
Die Litanei der Axthieb-Narbe, die weh narbt!

 

Reinhard Rakow

geb. 1952 in Gelnhausen, lebt und arbeitet in Berne/ Wesermarsch als  Maler und Autor.

Autor (Romane, Novelle, Gedichte), Herausgeber (Anthologien der Berner Bücherwochen u.a.), Veröffentlichungen in Literaturzeitschriften und Anthologien, Feuilletonbeiträge zu Musik, Kunst, Literatur und Theater.

Besuchen Sie unbedingt seine täglich aktualisierte Webseite http://www.reinhardrakow.de

 

Im Geest-Verlag erschienen:

 
Trotz alledem - Anthologie zu den Vierten Berner Bücherwochen