Rezension / Lektürevorschlag von Michael Santak, Gründer und erster Vorsitzender der Philosophie-Plattform Heidelberg, zu Thomas Bartschs tiefenpsychologischem Essay „Sisyphos oder Die Kunst der Wende“


„Die Begriffe Annahme, Wandel, Demut, Autonomie und Lebenskunst bezeichnen das Problem der existenziellen Selbstfindung im aktuell konsumistisch-egoistischen Mainstream. Das moralische Dilemma zwischen Glauben und Selbstreflexion enfaltet sich von der „Krankheit zum Tode“ zum „Mythos von Sisyphos“. Um es zu überwinden, bedarf es der Frustrationstoleranz, um Spannungen zu ertragen und Ent-Täuschungen als Entwicklungsanreiz begreifen zu können. Die bewusste Akzeptanz der Notwendigkeit fortwährender Veränderung macht jede positiv gesinnte Gemeinschaft frei für eine weiterführende Entwicklung und eine gemeinsame kreative Entfaltung. Dazu gehört die Bereitschaft zur Umstellung der eigenen Einstellungen und der bewusste Akt des Sich-Stellens und der daraus folgenden Übernahme von Pflicht und Verantwortung. Die alltägliche Sisyphosarbeit an sich selbst – wie auch die politische – ermöglicht Phasen der Reflexion, der frei atmenden, sich regenerierenden und wachsenden Bewusstheit, die zynischem Fatalismus widersteht. Durch seine Einsicht in die Fatalität der Situation und deren Annahme wandelt sich die Tragik des Sisyphos zu menschlicher Würde sowie zur Selbst- und Lebensbejahung. Die eigenen Ziele dienen dann überindividuellen Moralvorstellungen, deren Realisation als essenzieller Teil der Selbstverwirklichung dient.“