Schreibtipp - e/i-Wechsel bei starken Verben

e/i-Wechsel bei starken Verben

aus: www.duden.de/newsletter.

 

Selbst in Schulbüchern finden sich Sätze wie „Lese den Text sorgfältig durch“ oder „Gebe die Summe an“. Bei den Verbformen stört etwas, und zwar das e. Nicht etwa nur das e am Ende – „Les den Text durch“ oder „Geb die Summe an“ wäre genauso falsch. Nein, es geht um das e im Wortstamm.

 

Bei fast allen starken Verben, die im Infinitiv ein e bzw. ä oder ö haben, wechselt historisch bedingt der Stammvokal in bestimmten Formen zu i. Die davon betroffenen Formen sind die 2. und 3. Person Singular Präsens sowie der Imperativ Singular. Deshalb sagen wir das Eis schmilzt (von schmelzen), das Licht erlischt (von erlöschen), lies bitte lauter (von lesen), wirf das weg (von werfen) etc.

 

Einige starke Verben zeigen diesen Wechsel nicht mehr bzw. wiesen ihn nie auf. Die wichtigsten sind bewegen, denken, gären, stecken, weben, gehen, stehen. Die sicherste Methode, den e/i-Wechsel zu entdecken, besteht in der Bildung der 3. Person Singular Präsens: er verbirgt, deshalb verbirg das gut; er spricht, deshalb sprich deutlich.

 

Und was ist nun mit „sie gebärt“? Abgesehen davon, dass man das wohl kaum im Imperativ benutzen wird, wird das Verb mittlerweile fast nur noch im Perfekt gebraucht (Sie hat ein Kind geboren). Da die Präsensform so selten geworden ist, geht auch das Bewusstsein für ihre besondere Bildung verloren. Eigentlich lautet diese sie gebiert, mittlerweile wird jedoch auch die schwache Form sie gebärt akzeptiert.