Text zum Weltfriedenstag von Barbe Maria Linke

Text zum Weltfriedenstag am 21. September erscheint in der aktuellen Ausgabe 'Die Kirche' zum Wochenende NR. 39 / 21. SEPTEMBER 2025

Das macht mir MUT
Text zum Weltfriedenstag am 21. September erscheint in der aktuellen Ausgabe 'Die Kirche' zum Wochenende

Seit dem Überfall Russlands 2022
auf die Ukraine, dem anhaltenden
Kriegsgeschehen, auch im Gaza-
streifen, spürte ich eine zunehmen-
de Unsicherheit auf folgende Aus-
sage bezogen: Frieden schaffen
ohne Waffen. In den 80er-Jahren
klebte der Satz auf der Fenster-
scheibe und auf den Jacken. Was ist
wahr an diesen Worten? Dieser
Gedanke hielt mich besetzt. Dazu
die Nachrichten, die grauenerregen-
den Bilder. Wie damit leben?
Ich versetzte mich in die Men-
schen, die dem unverschuldeten
Leid ausgeliefert sind. Ich wollte
mich dem Grauen entgegenstellen,
und wusste nicht wie. So ging es
mir, bis eine italienische Freundin
schrieb: Bürde dir nicht das Gewicht
der Welt auf. Ich bin mir sicher, du
tust, was du mit deinen Kräften tun
kannst.
Aber was nicht in unserer Macht
steht, sollten wir in Demut Ihm
überlassen und darum bitten, uns zu
zeigen, wo wir ihm dabei helfen
können. Schone dich etwas, indem
du dich nicht ständig dem Bombar-
dement der Nachrichten aussetzt –
Letztere begrenzt zu konsumieren
führt sogar dazu, dass wir bestimm-
te Dinge aus einer zurückgenomme-
nen Perspektive klarer sehen.
Diese Sätze brachten Klarheit in
meinem Kopf, auch die Seele atmete
auf. Manchmal wirken Zurufe, per
Mails oder Brief, heilend. Der Glaube
der Freundin war es, mein Glaube
war mir abhandengekommen. Der
Glaube ist kein festes Ding. Er ist
flüchtig, ist Manna, das Wüstenbrot,
das täglich neu gesammelt werden
muss. Was befähigt mich, mich
täglich zu bücken, um ein Stück
Lebensbrot aufzusammeln? Um
gestärkt dem zu begegnen, was in
dieser Welt geschieht. Nein, keine
Routine, kein Du musst! Eher ein
Wissen, ein Ahnen, ohne Manna
bin ich verloren, verliere ich mich.
Doch mich quält weiter die Frage:
Wie können Kriege enden? Helfen
Waffen, Angriffskriege zu beenden?
Muss ich den, der Böses in die Welt
bringt, entmachten?
Wo finde ich Antwort? Vielleicht
im Lukas-Evangelium 17, 1-2. Er
sagte zu seinen Jüngern: Es ist
unvermeidlich, dass Verführungen
kommen. Aber wehe dem, der sie
verschuldet. Es wäre besser für ihn,
man würde ihn mit einem Mühl-
stein um den Hals ins Meer werfen,
als dass er einen von diesen Kleinen
zum Bösen verführt.
Kann ich mich auf diese Worte
beziehen, sie benutzen, um das
Töten, wenn ich angegriffen werde,
zu rechtfertigen? Es geht nicht um
Rechtfertigung. Worum geht es? Es
geht um den Schutz der angegriffe-
nen Menschen. Um ein Ende der
Kriege. Ja, selbstverständlich durch
Diplomatie. Aber auch durch Taten.
Es gibt nicht das Eine oder das An-
dere. Es gibt das sowohl als auch.
Diese Sichtweise möchte ich mir
bewahren, um mich zu bücken, um
die winzige Blüte zu betrachten, die
zwischen Feldsteinen wächst. Diese
Blüte ist Manna, ist Wüstenbrot.

Barbe Maria Linke ist Theologin und
Schriftstellerin und lebt in Berlin.