Thalia-Anna Hampf Vor der Tür
Thalia-Anna Hampf
Vor der Tür
Die meisten Menschen glauben, dass wenn sie ihre Augen zumachen und so tun, als seien sie blind, man ihnen nicht mehr vorwerfen kann, dass sie nicht hören und fühlen, was vor ihren Türen passiert. Wer sagt, es sei alles nicht so schlimm, hat schon lange seine Empathie im Garten verscharrt und dabei keine Sekunde da-rüber nachgedacht, wie es sich anfühlen muss, ein Massengrab auszuheben. Ein Garten ist ein Privileg und ein Kirschbaum nicht zu bezahlen in diesen Zeiten. Aber wer die Währungsum-rechnung noch immer nicht begriffen hat, sitzt in dunklen Räumen und versucht, sich online ein paar Endorphine zu kaufen. Nur leider ist die Lieferung nie, wie sie auf den Bildern aus-sieht. Aber vielleicht ja die nächste oder die da-nach. Mit sich allein zu sein, muss unerträglich sein, wenn man nichts zu sagen hat, was auch dann Bedeutung hat, wenn es niemand hört. Selbstliebe könnte den immerwährenden Durst stillen, aber Salzwasser ist überall erhältlich und niemals ausverkauft. Es mag verrückt klingen, aber die Welt hört vor der eigenen Tür nicht auf zu existieren, nur weil niemand dort ist. Aber für so manche schwindet die Existenz aus den Augen, wenn die Haustür klickend zu-fällt und nicht mehr als Fluchtweg benutzt wer-den darf. Räume können ganz schön eng wer-den, wenn dir jemand die Luft in deinen Atem-wegen nicht gönnt.