Volker Issmer las im Augustaschacht . NOZ berichtet

Geschichte in Geschichten

Historiker Volker Issmer las im Augustaschacht

Vom 27.10.2013, 18:53 Uhr

Hasbergen. „Wie war das genau im zweiten Weltkrieg?“, „Wie erging es in der Zeit des NS-Regimes den Menschen in Osnabrück und denen die in Arbeitserziehungslagern wie dem in Ohrbeck gefangen waren?“. Dass auch zukünftig junge Leute diese Fragen stellen, hofft Volker Issmer. Der Osnabrücker Historiker las am Sonntag in der Gedenkstätte Augustaschacht aus dem zweiten Band seines Buchs „Fremde Zeit -Unsere Zeit“.

 

Die Veranstaltung fand im Rahmen der Volkshochschul-Reihe „Erinnern jenseits von Ritual und Schlussstrich“ statt. Beide Bände von „Fremde Zeit – Unsere Zeit“ enthalten 20 teil-fiktive Kurzgeschichten die von der Zeit des Nationalsozialismus in Stadt und Land Osnabrück erzählen. Allerdings basieren sie alle auf erforschten Geschehnissen. „Sie sind nicht völlig aus der Luft gegriffen“, so Issmer. „Das ist eine einzigartige Verbindung aus wissenschaftlichem und literarischem Schaffen“, lobte Michael Gander, Geschäftsführer der Initiative Augustaschacht in seiner Ansprache. In wissenschaftlichen Publikationen würde oft nicht zu Ende erzählt, Fragen offen gelassen, weil klare Belege dafür fehlten. Die Geschichten Issmers liessen Raum, um Geschehnisse zu Ende zu denken. Dieser neue, emotionale Zugang zur Geschichte der NS-Zeit bringe diese „fremde Zeit“, so hofft Issmer auch den Generationen näher, die sie nicht mehr erlebt haben.

„Ich möchte mit möglichst vielen Einzelgeschichten ein Gesamtbild der NS-Zeit bilden und ich denke, dass das, was im Osnabrücker Land passiert ist, exemplarisch für andere Regionen ist“, meint der Autor, der bereits einen dritten Teil von „Fremde Zeit – Unsere Zeit“ plant.

Die Besucher der Lesung hörten vier Geschichten, die teils sogar direkten Bezug auf den Augustaschacht haben. So erfuhren sie in „Eekenpacht“ von einem Kotten im südlichen Landkreis, in dem sich Antifaschisten, getarnt als Wochenendgäste trafen, um zu überlegen, wie man Widerstand leisten könne. In seinen Forschungen fand der Historiker Issmer heraus, dass sie von 1933 an unter Beobachtung der Gestapo standen.

In „Gedenken“ geht es um den Niederländer Johan Willem Bruins der zusammen mit seinem Bruder noch im Februar 1945 in das Arbeitserziehungslager nach Ohrbeck deportiert wurde. Kurz nach der Flucht, die während der Auflösung des Arbeitserziehungslagers gelang, verstarb Bruins Bruder an Folgen der schlechten Bedingungen im Lager. Auf seinem Totenschein war zur Vertuschung Herzschwäche als Todesursache eingetragen.

Nach der Geschichte wurden die Zuhörer darüber aufgeklärt, dass der inzwischen verstorbene Johan Willem Bruins zu den wenigen gehörte, die Issmer von der Auflösung des Lagers in Ohrbeck berichten konnte. Auch Leser des Buches werden mit einem kurzen Text jeweils nach der fiktiven Erzählung, über deren reale Basis informiert.

der promovierte Historiker Volker Issmer setzte sich bereits in verschiedenen Werken wissenschaftlich und literarisch mit der NS-Geschichte auseinander. Auf Basis seiner Forschungen wurde zusammen mit der Initiative Augustaschacht die Gedenkstätte Arbeitserziehungslager Ohrbeck gegründet.

Am 17. November um 11 Uhr gibt es für Geschichtsinteressierte wieder einen Grund die Gedenkstätte Augustaschacht zu besuchen. Dann wird die Ausstellung „Einblicke – Die unbekannten Zeitzeugen von Krieg und Holocaust“ eröffnet, die in deutscher und russischer Sprache 26 Lebenswege Osnabrücker Einwanderer vorstellt.