Wendelin Mangold - Spätherbstliches

AN DES HAUSTIERES STATT
Spätherbstliches

Wir haben keinen Hund, keine Katze, keinen Hamster, keinen Vogel, kein Kaninchen oder sonst welches Haustier, mit denen wir uns kurzweilen könnten. Seit vorgestern aber haben wir eine Spätherbstfliege, klein, aber fein, fliegt uns mutig an bald im Esszimmer bei Mahlzeiten, bald im Wohnzimmer beim Fernsehen, bald im Arbeitszimmer beim Surfen, schreckt und neckt uns. Im Vorbeifliegen berührt sie uns flüchtig  und hinterlässt auf der Haut einem kurzen  Kitzel. Sie wird von Stunde zu Stunde frecher, fliegt uns bald von oben, bald von links, bald von rechts an, viel zu schnell, um sie auszumachen – zurück bleibt bloß ein Zickzackstreifen auf dem Augengrund. Unmöglich nach ihr zu greifen. Unsere Ruhe ist dahin. Wir eröffneten eine wilde Jagd auf sie, sie düste tags von Zimmer zu Zimmer, abends von Leuchte zu Leuchte. Wie lange lebt eine Fliege? Doch nicht bis Frühling!

ZUR JÜNGSTEN SPÄHAFFÄRE DER NSA

Neulich kam mein Sohn aufgeregt von der Schule nach Hause. „Ich will dieses Ding nicht mehr!“ Da er noch klein ist und erst die Grundschule besucht, haben wir ihm ein Handy besorgt, damit er zu Hause anruft, sollte ihm was in der Schule oder unterwegs von und zur Schule widerfahren. „Ich will das Ding nicht mehr!“ schrie er. Wir versuchten ihn zu beruhigen und den Grund seiner Rebellion herauszubekommen. „Was ist denn los?“ Unter Tränen gestand er, er habe einem Mädchen der Klasse heimlich ein SMS geschickt. „Na, und! Was ist da so schlimm?“  Er darauf: „Und wenn die NSA das ausspioniert, so wie das Handy der Kanzlerin Merkel?“