Schon Bergers erster Bühnenauftritt ließ die ganz besondere Energie des 84-Jährigen spüren. Ganz leicht war es, sich den Herrn mit buntem Hut und gelbem Jackett als kleinen Jungen vorzustellen, den die Musik wie nichts anderes begeisterte, der seine ganz eigenen Ansichten über die Welt und über den damals wütenden Nationalsozialismus hatte und den die Sommerwolken inmitten eines oberschlesischen Landidylls im Gras liegend zum Träumen brachten. Liebevoll wurde er vom Vater „Kalikukafranz“ genannt. Diese Sichtweise als Träumer und Andersdenker im positiven Sinne zieht sich durch sein ganzes Leben.
Dass es in diesen fast 85 Jahren auch Zweifel und Tiefpunkte gab, machte Berger gleich zu Anfang auf der Bühne klar. Die Energie der künstlerischen Frohnatur schlug in Verzweiflung um, als er in wütender Geste seinen bunt glitzernden Hut wegwarf und mit donnernder Stimme von Totenbergen in Auschwitz und von Tränen, die ihn ins Krankenhaus brachten, berichtete.
Berger nahm seine Zuschauer jedoch nicht nur mit auf eine Reise in längst vergangene und doch aktuelle Zeiten; er ließ sich auch Abstecher in ferne Länder und fremde Kulturen, die er auf Reisen mit der „besten aller Ehefrauen“ kennengelernt hatte, nicht nehmen. Die beeindruckenste Episode erlebten die Zuschauer jedoch, als der Komponist im wahrsten Sinne des Wortes sein Herz öffnete und am Keyboard im Duett mit der Sängerin Elisabeth Muro über Liebe, Tod und Neubeginn sang. Das Stück, das Berger nach einer schweren Operation vor zehn Jahren begann, erlebte damit am Sonntag seine Uraufführung. Sein ganz persönlicher „Herzschmerz“ ist darin zu spüren, da er befürchtete, seine Frau allein zurückzulassen. Hebräische Worte, die sich in dem Lied finden, verweisen jedoch auch auf die Verbindung zum Leiden der Juden und auf die unsterbliche Hoffnung, die „trotz allem vom Leben und vom Neubeginn singen lässt“.
„Ich hatte gehofft, den vielschichtigen und immer etwas rätselhaften Günter Berger nach der Autobiografie besser zu verstehen und richtig zu kennen“, erklärte Alfred Büngen, Verlagsleiter des Geest-Verlags, in dem die Autobiografie erschienen ist, tief beeindruckt. „Am Ende der fast 600 Seiten musste ich jedoch feststellen, dass nicht nur meine Hochachtung noch gewachsen ist, sondern dass auch die Unfassbarkeit des Menschen und des Künstlers noch größer wurde.“ Das Besondere an dem Buch sei, dass die einzelnen Kapitel nur aus zwei bis vier Seiten bestehen. „Es sind Bilder“, so Büngen. „Berger hat eine ganz neue literarische Form gefunden.“