Zur Lesung von Jenny Schon am 9.4. in der Schwarzchen Villa in Berlin Steglitz

Zweieinhalb Stunden ohne Pause, und die Zeit verflog wie im Fluge, gebanntes Lauschen, als Jenny Schon Passagen aus ihrem neuen Buch "Die Spaziergängerin von Berlin", dem Südwesten Berlins betreffend, vorlas. Wie die Bäke aus dem Fichtenberg entspringt und die Landschaft bis zur Glienicker Brücke geprägt hatte, bevor der Teltowkanal gebaut wurde. 
Bäke

Ausgebrochen aus dem Gestein

Der Kiefern die einst

Den Fichtenberg bewuchsen

Gebändigt sprudelndes Kind

Am Bäkequell versiegt

 

Erst an der Haydnstraße

Musikalisch kleinlaut

Ein leises Glucksen

Schluckauf

Ausreißen willst du

 

Als Bach eingepackt in

Rohre die dich bändigen

Telte warst du einst

Ein Strich in der Landschaft jetzt

Der Teltowkanal klaute deinen Namen

 

Zehntausend Jahre alt sang Rio Reiser

Ist der Mensch wohlauf er lebte

An deinen Gestaden im Sommer ersoff

Die Saat im Winter rutschten

Die Kinder über den Schnee

 

Pfahle trieben sie ins Erdreich

Bauten ihr Dorf als in Nebra der

Himmel in Gold erstrahlte

Die Nornen halten den Faden

Der Zeit tagein tagaus

 

Führt dich die Havel

die Elbe zum Meer

Ein Träne geweint im Bäkepark

Um den Liebsten im Mai

Kommt der Tropfen nie wieder zurück

Im Herbst trägt er den Seeman

Nach Rio oder Hawaii…

Ganz still wurde es, als Jenny Schon die Zuhörenden mit Franz Kafka auf den Fichtenberg und in den Botanischen Garten begleitete, wo er die wunderbare Natur genoss, oder den Sorgen Dora Diamants, seiner letzten Geliebten in Berlin-Steglitz, lauschte, die im Krisenjahr 1923/24 kaum in der Lage war den gemeinsamen Haushalt zu führen, weil tagtäglich alles teurer wurde. 

Das Desert zum Abschluß der Lesung präsentierte die ortsansässige Imkerin Dr. Monika Schliemann, die nicht nur den Bienengesang in einem Bienenstock akkustisch vorführte, sondern auch die neuen Forschungen über die Struktur des Gesangs erläuterte.

Ein Gast meinte zum Schluß, so viel Neues habe man selten an einem Abend zu hören bekommen.