Rabih Semmo: Heimat ist auch eine Befindlichkeit der Seele

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Heimat ist auch eine Befindlichkeit der Seele

Ich bin ein Libanese, Alter: 16 Jahre. Ich bin außer-dem Autist, eine doppelte Last. Ich fühle mich nicht Zuhause, denn meine Wurzeln sind nicht hier. Ich habe keine Chance auf ein „normales“ Leben. Ich bin Araber und Moslem, das ist schon ein Makel schlechthin. Meine Familie ist sehr groß. Der Außenseiter bin ich als Behinderter, denn im Islam bedeutet das Strafe von Allah. Die Umwelt reagiert meist auch sehr blöd. Dabei muss man zwischen Deutschen und Libanesen unterscheiden.
Es gibt viele Menschen, die mein Anderssein akzep-tieren, und ich bin dankbar dafür. Die beste Erfah-rung habe ich mit meiner Lehrerin gemacht. Sie ist sehr kompetent und mag auch Ausländer und Be-hinderte. Die meisten Menschen sind sehr unge-halten, wenn Ausländer auch mal Rechte fordern. Der Staat hilft nicht viel. Er hat selbst Probleme mit Rechtsradikalen und so.
Ich fühle mich als Fremdkörper, der nur bedingt lebt und sich wohlfühlt. Meine schlechteste Erfah-rung ist, dass ich behindert bin. Aber auch als Liba-nese bin ich verurteilt zum Anderssein. Meine beste Erfahrung ist die Schule, die meine Welt ist. Ich glaube, die Menschen sind eher geneigt, Nichtbehinderte und Nichtausländer zu akzeptieren.
 
Vielleicht helfen ja meine Worte, die Menschen in dieser Stadt, die mir so vertraut und doch auch fremd ist, zu sensibilisieren! Ich möchte gerne eine „Heimat“ haben, aber das ist schwer. Heimat ist auch eine Befindlichkeit der Seele, nicht nur ein Ort.

Rabih Semmo (16 Jahre)