Alida Kielhorn (14 J.) - Liebes Tagebuch (Jugendliche setzen sich mit der schwieren Situation auseinander)
Liebes Tagebuch,
ich habe schon lange nicht mehr geschrieben, hatte meisten keine Zeit oder Lust. Doch das hat sich geändert, jetzt habe ich eine Menge Zeit. Ich habe seit dem13.03.2020 sogenannte „Corona-Ferien“.
Das heißt, dass ich zu Hause sitze, etliche Aufgaben bearbeite, die uns die Lehrer unserer Schule regelmäßig über Iserv, eine Art Email-System der Schule, zukommen lassen. Die Nachrichten verbreiten weiter Panik, die Bevölkerung hamstert Nudeln und Klopapier. Die Regierung versucht den COVID-19 einzudämmen, ohne dass Deutschlands Wirtschaft komplett zusammenbricht. Der Bevölkerung ist es verboten, sich in Gruppen zu versammeln, Restaurants und Clubs sowie Bars haben um spätestens 18 Uhr zu schließen. Die Bevölkerung lässt sich so ziemlich in zwei Gruppen einteilen, eine, der Corona egal ist, da sie sowieso nicht betroffen sein werden, die sich weiter in Gruppen trifft und ganz normal ihrem Alltag nachgeht. Und in eine, die Panik schiebt, Hamstereinkäufe tätigt, am liebsten nicht mehr das Haus verlassen würde und sich von den Medien weiterhin beeinflussen lässt.
Ich sitze nun also hier am Laptop, schreibe diesen Text und frage mich, wann die Bevölkerung wieder zur Vernunft kommen wird. Ich glaube, man sollte keine Panik schieben, denn damit ist niemandem geholfen. Ich glaube aber auch, dass es nicht gut ist, wenn man die Epidemie komplett ignoriert. Meiner Meinung nach, sollte man auf die Bitten der Regierung hören, also weitestgehend soziale Kontakte meiden, genügend Abstand halten und regelmäßig Hände waschen.
Du siehst also, liebes Tagebuch, das momentan recht viel passiert… jedenfalls in den Medien. Gleichzeitig passiert aber irgendwie auch nichts. Ich sitze zu Hause, aber es fühlt sich nicht an, als hätte ich Ferien. Das liegt nicht an den Medien oder daran, dass kaum ein Tag vergeht, an dem ich nicht irgendwie mit dem Thema Corona in Berührung komme, sondern daran, dass man während richtigen, regulären Ferien die Schule so ziemlich vergessen kann. Momentan überprüfe ich jedoch mehrmals am Tag Iserv und erledige Schulaufgaben. Es fühlt sich an, als wäre ich krank und müsste jeden Tag die Schulaufgaben nacharbeiten, was ja gar nicht so weit von der Wahrheit entfernt ist. Ich sitze zu Hause, bin bloß nicht krank. Ich fühle mich extrem unproduktiv, was vermutlich daran liegt, dass ich nur von zu Hause aus „arbeite“, ich frage mich, wie sich Leute fühlen, die immer von zu Hause aus arbeiten, also Home-Office machen, ob das anfangs nicht komisch ist. Für mich wäre das nichts, immer nur zu Hause sitzen. Aber es ist auch mal ganz angenehm so lange schlafen zu können, wie ich möchte.
Gestern habe ich mir die Haare gefärbt, jetzt sind sie schwarz. Es ist anders, aber mir gefällt’s. Vor, ich glaube, drei Tagen habe ich einen Kuchen gebacken. Außerdem habe, seitdem ich zu Hause sitze, zwei Animes geguckt und eine Menge Musik gehört. Und etliche Schulaufgaben erledigt. Trotzdem langweile ich mich dezent.
Deshalb freue ich mich, wenn die Schule wieder losgeht, wenn ich meine Freunde wiedersehe, wieder mit ihnen reden und lachen kann, wenn sich die Situation wieder beruhigt hat. Wenn wir uns gegenseitig erzählen, wie viele Hausaufgaben wir doch aufhaben oder wie unnötig doch das neue Thema sei, welches wir in ein paar Monaten eh wieder vergessen hätten. All diese, sonst so selbstverständlichen, Dinge, die ich sonst meistens gar nicht zu wertschätzen weiß. Jetzt wird mir erst klar, wie wichtig mir sowas doch ist. Also generell der regelmäßige Kontakt zu anderen Menschen, wobei das vermutlich normal ist, da Menschen ja bekanntlich soziale Wesen sind.
Ich wünsche mir, dass so eine „Gesundheitskrise“ nicht wieder passiert, zumindest nicht zu meinen Lebzeiten. Dass der Klimawandel noch gestoppt werden kann, dass Waldbrände verhindern werden können, dass arme Länder stärker unterstützt werden. Aber auch, dass die Diskriminierung von gesellschaftlichen Minderheiten aufhört. Das Frauen genauso viele Rechte haben wie Männer, dass sie genauso viel für die gleiche Arbeit verdienen und das, auf der ganzen Welt. Ich wünsche mir, dass das Leben der Kinder der Kinder meiner Generation auf diesem Planeten noch Lebenswert sein wird, dass sie auf keinem kaputteren Planeten leben müssen, als ich es muss.
Aber ich wünsche mir auch, dass ich es schaffe, mit mir selbst ins Reine zu kommen, mich so hinzunehmen, wie ich bin, auf mich stolz zu sein, meine Stärken und Schwächen zu erkennen und sie zu akzeptieren. Bedachter zu handeln, weder meine Mitmenschen noch mich mit meinen Taten zu verletzen. Meinen eigenen, kleinen Teil dazu beizutragen, dass diese Welt zu einem etwas besseren Ort wird.
Ich glaube, dass die größten Probleme an der Menschheit die Machtgier und der Egoismus sind, dass jeder immer mehr haben möchte, man sich nie mit dem zufrieden gibt, was man hat. Ich glaube, dass wenn viele Menschen ihre Einstellung ändern würden, es ihnen nicht darum ginge, der Beste in allem zu sein, die meisten und besten Dinge zu haben, dann würde es vielen Menschen erheblich besser gehen. Ich glaube, wenn viele Menschen empathischer würden, Mitgefühl mit den Lebewesen um sie herum hätten, würde das die Welt zu einem etwas besseren Ort machen. Aber das ist nur meine Meinung und ich bin nur ein Kind, das von der Welt doch eh keine Ahnung hat.
Jetzt bin Ich aber vom Thema abgekommen. Denn ich habe auch Angst? Ich bin nicht sicher, ob ich das Gefühl so nennen sollte, ich glaube, es ist eher eine Art Sorge. Ich sorge mich um meine Großeltern. Ich hoffe, dass sie gesundbleiben, dass sie vorsichtig sind und sich nirgendswo anstecken. Aber ich sorge mich auch um die Wirtschaft, um alle Unternehmen die bei einer Zwangspause pleite gehen könnten, aber auch um alle Künstler, wie zum Beispiel Schauspieler und um Veranstalter. Ich hoffe, dass alle diese Krise überstehen, dass die Infrastruktur nicht zu sehr „beinträchtig“ wird.
Aber ich bin auch dankbar. Dankbar dafür, dass all die Ärzte und Polizisten und Supermarktarbeiter (Kassierer, Regaleinräumer, usw.) aber auch Lieferanten und alle die ich jetzt vergessen habe, weiter arbeiten, dafür sorgen, dass sich zum Beispiel mein Leben so normal wie möglich in dieser ungewöhnlichen Situation abspielt. Ich hoffe, dass die Wissenschaft bald ein Mittel gegen diese Infektion erforscht haben wird und es somit eingedämmt werden kann. Ich hoffe dass wenn sie kommen sollten, die Ausgangsbeschränkungen Wirkung zeigen werden. Ich frage mich, ob es Menschen geben wird, die sich nicht daran halten werden und wie die Regierung das nach prüfen will und ich frage mich, was dann mit Obdachlosen passiert, wenn keiner grundlos das Haus verlassen darf.
Jedoch bin ich recht zuverlässig dass wir alle diese Situation überstehen werden, die Menschheit hat die Pest überlebt, da wird sie nicht an Corona aussterben.
Ich glaube, dass das alles war, was ich dir erzählen wollte. Bis zu meinem nächsten Eintrag, vielleicht kommt er ja noch im nächsten halben Jahr oder sogar noch dieses Quartal, wir werden sehen…
Bis bald.
Deine Alida