Cordula Scheel - Im Neumond

Im Neumond

Der Wind nach Neumond zögert nicht
löscht deine Spuren
nicht einmal Schatten bleiben
kalt wird die Frühlingsnacht

Du bist nicht mehr!
Heut‘ Abend will ich nicht
die Flügel nehmen bin nicht
bereit zum Abflug stelle mich
der Trauer dem Verlust
gibt es ein Irgendwo ein Irgendwie
wo ich dich denken könnte?

Unruhe teilt mir die Sekunden zu
die Zeit zu prüfen Maß zu nehmen
an Wüste Salzsee Meer in mir
was bleibt
wenn schwer erkämpft die Disziplin
mich nicht mehr an der Leine hält
bin ich ein Hofhund an der Kette?

Bin wach geblieben weiß
wie es sich anfühlt allein
sich selber fremd zu sein
wie lange hält die eigene Identität
und wo beginnt die Freiheit
der Nacht den Rücken zuzukehren
wenn Mutters Maulwurffell

mich nicht mehr schützt und wärmt?
Abschiede werden leichter –
sagt man denn wirklich leichter? –
wenn wir die Zeichen lesen
Chiffren verstehen und deuten das Rätsel
die große Stille gelten lassen
im Aufruhr zwischen Nacht und Morgen
wenn Furcht und Trauer ohne Maß

Meinst du ich könnt‘ es schaffen
im Frühlingsmond jetzt aufzubrechen
stromaufwärts schwimmen ohne dich