Fenja Steinkamp - Holocaust Shoah

Fenja Steinkamp
Holocaust Shoah

Junge mit Krücken, Name: Nathaniel, Alter:8
Nun stand ich hier. Mitten auf der Bahnrampe zwi-schen all den vielen Leuten, die sich eng aneinan-derreihten. Es waren eigentlich zu viele, als dass sie alle hier, auf diesem winzigen Fleck stehen konnten. Und doch mussten sie es. Ich mittendrin. Ich mit meiner Mutter und der kleinen Schwester, die sich hilflos an sie klammerte. „Ich habe Angst“, sag-te sie überflüssigerweise immer und immer wieder. Angst hatten wir alle. Das musste nicht ausgespro-chen werden. Man spürte es. Ja, man sah es. Egal, wen ich ansah. Egal, wo ich einen Anhaltspunkt suchte, der meinen Fall ins tiefe Schwarz der Angst hätte aufhalten können. Pure Furcht war es, die meinen Blick traf und meine Seele berührte wie eine kalte, eiserne Hand, die sich nach meinem Herzen aus-streckte und es umklammerte, als wolle sie verhin-dern, dass es schlug. Alle, jeder, der hier stand, ohne einen einzigen Schimmer der Hoffnung. Verstoßen, verraten, verloren. Ja, verloren, das waren wir alle. Auch wenn meine Mutter noch so oft sagte, es würde alles gut werden. Das wurde es nicht. Nicht, weil ih-re Stimme bebte und es ihr an Überzeugung mangelte. Nein, weil ich den Glauben daran verloren hatte. Den Glauben an die Hoffnung, an das letzte kleine Licht im Tunnel der ewigen Finsternis, das nun erloschen war. Zerbrochen. Zerbrochen wie eine Spielfigur aus Glas, die nun in Scherben am Boden lag und das Licht in sich verschlang, anstatt es in alle Richtungen zu verstrahlen.