ADMIRALITÄT

 

Nördliche Hauptstadt, die Pappel schmachtet staubig,

Glasklares Zifferblatt verwickelt sich im Laub,

Im dunklen Grün – Fregatte oder Akropolis –

Strahlt aus der Ferne – als Himmels, Wassers Bruder.

 

Luftiger Kahn und der Mimose-Mast

Dienen als Lineal den Nachfolgern Peter´s.

Er lehrt: Die Schönheit – kein Halbgott-Privileg;

Seeräuber-Augenmaß des kleinen Zimmermanns.

 

Die Herrschaft der vier Elemente ist uns vertraut,

Doch eine fünfte erschuf der freie Mensch:

Verneint nicht die Überlegenheit des Raums

Nun diese unberührt erbaute Arche?

 

Und wütend kleben die kapriziösen Medusen,

Gleich Pflügen abgekratzt, verrosten Anker –

Nun sind sie entfesselt, die drei Dimensionen,

Vom Stapel läuft ein Schiff in alle Weltmeere!

 

Mai 1913




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Betreff:     Die Städte (Stätten) Ossip Mandelstams
Datum:     Wed, 15 Jul 2020 18:40:02 +0200
Von:     Andreas Peters <a.i.peters@t-online.de>
An:     Geest Verlag <geest-verlag@t-online.de>




PETERSBURGER STROPHEN

 

                            Für Nikolaj Gumiljow

 

Über die Gelbsucht der Regierungsgebäude

Wirbelte lange der dunkle Schneesturm.

Ein Advokat, steigt in seinen Schlitten,

Den Mantel schlägt er um sich rum.

 

Die Schiffe wintern. Die pralle Sonne

Zündet der Kajüte dickes Glas.

Ungeheuerlich, wie ein Panzerschiff im Dock,

Schläft Rossia* ihren schweren Schlaf.

 

Und über Newa – die Botschaften versammelt,

Die Admiralität, die Sonne, Stille!

Der ganze Staat, sein steifer Purpurmantel –

Ein härenes Büßerhemd mitten von Villen.

 

Der Snob im Norden hat ein schweres Erbe –

Onegins alte Melancholie;

Auf dem Senatsplatz – Wälle von Schnee,

Ein Rauch, ein Bajonett, so kalt wie …

 

Die Jollen schöpfen Wasser und Meeresmöwen

Besuchen lachend einen Stapel Hanf.

Wo einzig Opernmänner gehn und klönen,

Mit Semmeln oder Honig-Tee, der dampft.

 

Im Nebel fliegen Motorenschlangen;

Und der Fußgänger, selbstverliebt, verrucht –

Der Sonderling Eugenij – schämt sich seiner Armut,

Verflucht sein Los, inhaliert den Benzingeruch!

 

Januar 1913, 1927