Rezension von Gudrun Kühn zu Barbe Maria Linke: Auszug
Wie geht es einem, wenn man sein Heimatland verlassen musste, weil das dortige Regime ein Unrechtsregime war, wo man im Kampf für Freiheit und Menschenwürde als staatsschädigend galt? Und man musste ja damit auch die gleichgesinnten Mitstreiter und seine Herzensfreunde verlassen. Barbe Maria Linke, die diese Situation des Ausgewiesenwerdens selbst erlebt und durchlitten hat, lässt ihre Romanprotagonistin einen waghalsigen Ausflug zurück in die DDR machen. Beobachtungen, Begegnungen, Rückblenden wechseln dabei, so dass man als Leserin in die Aufregung dieses Besuches hineingezogen wird. Und wie schwer wird es nach langer Trennung von seinen Freunden wieder an Zwischenmenschliches anzuknüpfen! Versteht man einander noch? Konnte man sich in der DDR unter besten Freunden überhaupt ALLES anvertrauen?Rezension von Gundru Kühne
Heutzutage müssen aus verschiedenen Gründen viele Menschen in der ganzen Welt ihre Heimatländer verlassen. So hilft dieses Buch auch mit, Traumatisierungen von Geflüchteten und Ausgewiesenen verständlich zu machen. Daher ist „Auszug" ein sehr aktuelles Buch!
Zusatz: Für eine zeitgeschichtliche Vertiefung empfiehlt es sich die Dokumentation von Dietmar Linke zu lesen: „Als Pfarrer im Focus des MfS", Geest-Verlag, ISBN 978-3-86685-5-512-0
Gudrun Kühn
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Barbe Maria Linke
Auszug
Eine Reisebeschreibung
Geest-Verlag 2020
Klappbroschur
ISBN 978-3-86685-785-8
172 S., 13,80 Euro
„Sprechen, unzensiert schreiben können. Das ist es, was zählt."
Im Mittelpunkt des Romans steht Mira Roth, die mit ihrem Mann Carl und ihren Kindern 1983 die DDR als Dissidentin nach Westberlin verlassen musste.
Es blieb die Sehnsucht, der Traum, den Exilanten und Ausgebürgerte aus allen Ländern träumen: Noch einmal zurückzufahren, dahin, wo das abgebrochene Leben spielte, in die Landschaft, zu Freunden und Weggefährten.
Scheitert der Versuch, die Grenze zu überwinden? Oder kann eine Begegnung trotz Einreisesperre stattfinden?
Mira Roth wagt das Abenteuer, überlistet den Sicherheitsapparat, nimmt den Leser mit zu ihren Freunden.
„Wir waren jung. Das Leben war auch in der DDR bunt. Und schön. Und vor allem intensiv.“
Ein Panorama jener Jahre wird sichtbar, eine stickige, dennoch farbenreiche Welt. Das Leben in einer Diktatur, in der Laure, Miras Freundin, neunzehnjährig ins Gefängnis kommt.
Fragen bleiben: Hält Freundschaft die Trennung durch Grenzen aus? Wie ist es, sich fremd im eigenen Land zu fühlen?
Eine Reisebeschreibung äußerer und innerer Landschaften. Ein Roman von bedrückender Aktualität, der in seiner formalen Experimentierfreude der Vielschichtigkeit des inhaltlichen Ansatzes entspricht.
Barbe Maria Linke
geboren in Köslin/ Pommern, aufgewachsen in der DDR. Arbeit in verschiedenen Berufen. Theologie - Studium an der Humboldt-Universität in Ostberlin.
Die erste Pfarrstelle, in der ihr Mann Dietmar Linke und sie arbeiteten, war Meinsdorf-Wiepersdorf. Wiepersdorf ist bekannt durch die Dichterin Bettina von Arnim, die Frau, die an Goethe und an den König schrieb.
Nach dem 2. Weltkrieg wurde das Gutshaus der Arnims, ein Aufenthaltsort für Kulturschaffende der DDR.
Hier lernt sie Maxie und Fred Wander kennen. Diese Freundschaft hat Barbe M. LInke geprägt.
Politisch tätig war sie in den Gruppen Frauen für Frieden. Und Friedenswerkstatt Ostberlin.
Im Dezember 1983 wurde die Familie aus der DDR ausgebürgert.
Barbe Maria Linke lebt in Berlin, schreibt Gedichte, Essays, Erzählungen, Romane.
Sie sagt: Den Gedanken eine Form geben. Sie einfangen, wie einen Fisch. Den Fisch füttern, um ihn frei zu lassen.