Zu Timo Friedhoffs neuem Buchprojekt 'Kapitalverbrechen und andere Äußerungen menschlicher Destruktivität ...'

Timo Friedhoff ist es im vorliegenden Buchmanuskript gelungen, ein besonderes Kapitel der regionalen Sozialgeschichte zu erforschen und zu dokumentieren. Nach seiner weit über den regionalen Rahmen hinaus beachteten Aufarbeitung der Geschichte der jüdischen Gemeinde in Wagenfeld (gleichfalls im Geest-Verlag erschienen) wendet er sich in seinem neuen Projekt der Erforschung des Verbrechens in einer einzelnen Gemeinde über einen Zeitraum von drei Jahrhunderten zu. Dabei kommt er zu verschiedenen besonderen Erkenntnissen, etwa in Bezug auf Tradierung des Verbrechens (in sachlicher und personeller Hinsicht), die auch in der Soziologie des Verbrechens von besonderer Bedeutung sein dürfte. Vor allem aber gelingt es ihm zu verdeutlichen, dass Verbrechen und andere Formen menschlicher Destruktivität elementares Element historischer Entwicklung auch in einer kleinen Gemeinde sind. Sie sind wie Geburt, Hochzeit und Taufe Bestandteil des alltäglichen Lebens.
Mit einer beinahe unfassbaren Forschungsintensität dokumentiert Timo Friedhoff beinahe jedes der in den letzten drei Jahrhunderten stattgefundene Verbrechen in Wagenfeld. Opfer, aber auch Täter werden genannt, den Ursachen des jeweiligen Verbrechens wird nachgegangen, soweit dies in seinem forschungsmäßigen Rahmen möglich war.

 

Wenn, und dies Friedhoffs eigentlicher Antrieb der Arbeit, das Verbrechen zum Lebensalltag der Menschen gehört, dann muss es – wie alles andere soziale Geschehen – dokumentiert werden, um eine umfassende regionale Geschichtsschreibung zu gewährleisten. Zugleich wird damit posthum vielen vergessenen Opfern eine Erinnerung gesetzt, wird Verbrechen in historisch-regionalen Zusammenhängen verdeutlicht.
Diese intensive regionale Forschungs- und Dokumentationsarbeit ist ein bundesweit besonderes Projekt und in seiner Genauigkeit und Detailliertheit wohl einmalig.
Eine solche Arbeit muss unter allen Umständen einer regionalen, aber auch überregionalen Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden. Neben der Erinnerungskultur beziehungsweise aus der Erinnerungskultur heraus schafft es Friedhoff, ein Bewusstsein gegenüber Verbrechen beim Leser zu entwickeln, somit auch die Möglichkeit eines kritischen Umgangs mit Verbrechen heute aufzubauen.