Gedicht des Tages

Ulrike Kleinert - Die Gespenster (Gedicht des Tages)

Die Gespenster spielen auf,
ihre braunen Jacken
haben sie ausgezogen
und mit T-Shirts vertauscht.
Sie fahren keine Panzer
sondern auf der Datenautobahn,
ihre Aufmärsche zu zweit oder fünft
finden mehr am Biertisch
als in den Straßen statt.
Ihr Lachen zwischen den Zähnen
schimmert perlweiß

 
Sie heban das Gesicht
von Söhnen, Brüdern, Freunden,
Ehemännern

Viel von ihnen
schlagen nie zu.

Sie spenden nur

den Beifall.

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joachim schlichte - gedanke für alle: (Gedicht des Tages - gelesen vom Autor)

gedanke für alle :

eingenitiert in jeden linken unterarm –
oder war's der rechte ?

verliert sehnsucht sich –
jede .

kommt geilen geiz glaubend  –
um .

durchleuchtbar bis hinter jeglichen strich  –
code :

des nicht ausschaltbaren
noch flacheren bildschirms !

ihren fingerabdruck geben sie bitte – in zimmer 1984 ab .

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Jacek. T. Zielinski - Der Fremde (Gedicht des Tages)

Zielinski, Jacek T. - Mein Zahir. Gedichte

DER FREMDE

Als Fremder erwache ich auf mir
gut bekannten Planeten
zwischen dem Geräusch der Milchflaschen
und dem Schreien der Nachbarn.
Die Hunde bellen, die Betten schwitzen,
Fabriken schmeißen den Rest
nächtlicher Schichten heraus.

Ich liege im Weiß der Bettwäsche,
als wäre ich eine Braut,
Sklavin der Vernunft,
älter als Liebe.

Ich bin abwesend.

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Wygodzki, Stanislaw - Das Fenster (Gedicht des Tages)

DAS FENSTER

Irgendwo ein Haus, ein Fenster und dahinter
ein Vorhang, zitternd, halb herabgerissen,
ein Schatten auf der gegenüberliegenden Wand,
und tote, hartnäckige Stille.

Der Schatten aber wie der Vorhang schwankt,
vom Wind in nebliger Dämmerung bewegt,
und wartet in der Stille bis zum Morgen
meines ungeschriebenen Briefes.

Niemandes Hand, niemandes Mund,
den Vorhang rissen Fremde nieder.
Hartnäckige Stille, leere Stube
und sonst nichts mehr.

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Buch: 

Ulrike Kleinert - Der Krieg in den Kindern (Gedicht des Tages)

Der Krieg in den Kindern

Eines Tages erreichte der Krieg Deutschland.
Er kam nicht mit Gewehren,
Granaten und Soldaten.
Er kam schlafend
auf dem Arm einer Mutter,
als Säugling.
Er schrie laut,
war hungrig und fror.

Neue Papiere bekam der Vater,
nur einen Staat nicht,
der sie alle nimmt
als seine Bürger.
Was soll ein Krieg
mit Staat und Papier?
Der Krieg will nur
den Krieg.

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Stanislaw Wygodzki: Statistik (Gedicht des Tages)



 

STATISTIK

Auch dich vermerken Statistiken karg
in der Zahl der Vermißten.
– Vor mir Diagramme, Ziffern und Listen.
Ich seh’ einen Sarg.

In Millionen von Kindern, des Lebens beraubt,
auch du einbezogen.
– Und nachts mein Schatten, schwarz und verbogen
mit hängendem Haupt.

Gezählt auch du in der Summe der Qualen
durch Krieg und Brand.
– Ein fahriger Schatten, steh ich gebannt,
vereist über Zahlen.

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