Gedicht des Tages

Thi Quynh Anh Nguyen - Der kahle Karl (Gedicht des Tages)

- gesprochen von der Autorin -

Einst lebte ein armer kahler Karl.
Kahl, weil er keine Haare hatte.
Arm, weil er noch jung war.
Der arme kahle Karl konnte nichts dafür.
Er war kahl. Der Arme.
Der kahle Karl war ein ganz komischer Junge.
Er spielte weder mit den anderen Kindern
Noch mit den anderen kahlen Karls,
Den alten kahlen Karls.
Karl war komisch.
Karl war kahl.
Karl blieb immer zu Hause.
Auch da spielte er nicht.

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Çağlayan, Gülay : Gedankenverfall (Gedicht des Tages)

Gedankenverfall


Stille ...
Stille, die so laut ist,
Als würde sie in meinem Kopf dröhnen.
Es ist nicht diese besondere Art der Ruhe,
Sondern das Ungewisse.
Das, was mich dazu verleitet, Fragen zu stellen.
Fragen der besonderen Art.
Was bin ich?
Wer bin ich?
Wer kann ich sein?
Wo komme ich her?
Wo gehe ich hin?
Spielt es denn eine wirkliche Rolle?
Jeder weiß, wie es war, doch keiner weiß, wie es wird.
So viele Dinge sind unserem Einfluss entzogen.

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Ursula Fricke: Der Clown (Gedicht des Tages)

In Erinnerung an unsere verstorbene Autorin Ursula Fricke ihr Gedicht: Der Clown


 

DER CLOWN

Einmal muss die Welt sich drehn –
ich wär’ ein Clown … ja, das wär’ schön!
Und weil die immer lustig sind,
wär’ auch ich ein fröhlich Kind:

hüpfen, springen und auch lachen,
wirklich dummes Zeug mal machen,
und kein großer Bruder haut,
keiner schreit: „Sei nicht so laut!“

Keiner boxt mir in den Magen,
ich kann das so schlecht vertragen,
wenn es auch nicht so gemeint,
manchmal hab’ ich schon geweint!

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Ulrike Kleinert - Die Herrin der Käse (Gedicht des Tages)

 

Die Herrin der Käse

Die Herrin der Käse
herrscht mit
einem Messer.
Sie teilt
gelbes Gold,
weißes, Kräutercreme,
Pastete,
lockt die Zungen
mit einer Messerspitze
voller Genuss.

Würziger Duft
hängt in ihren Kleidern,
die Namen der Käse
ihre Regierungserklärung,
ihre blonden Locken
über der Stirn wippen,
wenn sie die Käse wiegt.

Mit den Fingerspitzen
berührt sie das Geld,
nimmt es, schaut, wie
die Kasse es verschluckt.

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Melanie Michels: Reste (Gedicht des Tages)

Reste

Du hast
das Messer
in meinem Rücken
vergessen
Und dein Bild
in meinen Augen
Du hast
kein Bild von mir
Du hast
deine Schritte
in meinem Ohr
vergessen
Und immer noch
schmecke ich
den fahlen Geschmack
von Lügen
diese
schönen
Worte
Hätte ich sie nur gehört
aber du warst ja hier

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Wolfgang Bullerdiek - Was nun (Gedicht des Tages)

 

 

Man sagte mir

Man sagte mir:

Mit der Sünde kommst du
nicht ins Paradies;
dort sind nur die Reinen
und die –
die verzichtet haben.

Man sagte mir:

Das mit der Überwindung,
es ist Schwindel,
damit die, die oben sind,
besser fressen und herrschen
können.
Und es gibt überhaupt kein
Paradies!
Es gibt nur dies eine Leben,
das bald vorbei ist.

Und ich fand:

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Herbert Mannel - Jeder küsst nur seinen Schatten (Gedicht des Tages)

Ein stilles Leben,
farbloses stilles Leben.
Sonne scheint ausgelöscht,
Schatten durchwandern den Raum.

Da sitzen wir
und trinken den blutigen Kaffee,
schwarz muss er sein, schön schwarz.
Eingesperrt in unserer Welt, schauen wir
nicht mal mehr aus dem Fenster,
schauen lieber den Porno im TV.

Dein Jammern überall,
doch das Rauschen des Meeres
hörst du nicht
in diesem Überlebensspiel
mit gefühllosen Akteuren.
Der Käfig unseres Lebens.

Alle auf der Suche.
Niemand weiß genau,

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